Ein Pressebeitrag im Weser Kurier besagt: „Schnell, kostengünstig, nachhaltig – mit diesen Vorteilen preisen Gerichte die Mediation an, eine Streitschlichtungs-Alternative zum Verfahren. Auch am Verdener Landgericht gibt es dieses Angebot. Dort hat sich die Mediation nach Startschwierigkeiten als Verfahren zur Konfliktlösung etabliert“.
Kann man jetzt sagen, dass das politische Konzept hinter dem Güterichter aufgegangen ist? Auffällig ist dass von der Gerichtsmediation die Rede ist, obwohl die ja angeblich zu Gunsten des Güterichters abgeschafft wurde.
Die Anpresiung „schnell, kostengünstig, nachhaltig“ bedarf ebenfalls einer Relativierung (siehe falsche Mythen). Nicht jede Mediation ist schnell und nicht jede ict nachhaltig. Die einfache Formel:
- Evaluative Mediation, facilitative Mediation: schnell, kostengünstig
- Transformative Mediation: nachhaltig, länger und teuer
Was ich bedauere ist, dass die konventionellen Justizverfahren mit dieser Politik nicht (zumindest nicht direkt und aktiv) verbessert werden. Da besteht Handlungsbedarf. Je mehr die Justiz die „gerichtsinterne Mediation“ anpreist, umso mehr bestätigt sie, dass die konventionellen Verfahren wohl unzureichend sind.
Was ich auch bedauere ist, dass die Mediationsangebote nicht ausreichend präszise formuliert werden. Alles wird über einen Kamm geschert. Die gerichtsinterne Mediation ist meist nicht in der Lage, eine transformative Mediation durchzuführen. Nur Profis scheinen zu wissen: Mediation ist noch lange nicht gleich Mediation.
Was schleißlich zu bedauern ist, dass die Mediation wie ein Billigprodukt angepriesen wird. Wer wirklich ein Problem hat, das er anders nicht lösen kann, für den ist der Billig-Faktor nicht wirklich ausschlaggebend.
Lieber Wolfgang
es ist ein sehr komplexes Thema. Wenn etwas komplex ist neigen Menschen zu Vorurteilen und Simplifizierungen. Aus einem (komplexen) Fundus an Argumenten lassen sich dann leicht die passenden herauspicken.
Das Geld spielt eine Rolle aber nicht die Wesentliche. Soll die Botschaft etwa heißen: Ich streite, weil es billig ist? Ich denke man muss unterscheiden zwischen der Bereitschaft zum Streiten und den Möglichkeiten, die eigene Konfliktstrategie umzusetzen. Ich kann vor und außerhalb des Gerichts streiten und ich kann mit und ohne Gericht Streit vermeiden.
Was die Richter (und nicht nur die) gerne tun ist in den Köpfen der Anderen zu denken. „Die tun das ja nur weil, ….“ deutet darauf hin. Man darf den Blick auf das System und den Kontext nicht verlieren. Da sind die Interessen der Richter der Rechtsanwälte, der Mediatoren, der Parteien und und und. Wie sind diese aufeinander abgestimmt? Eigentlich gar nicht. Richter überzeuge ich anders als Parteien, weil sie ein andres Interesse haben. Ein Interesse ist es komfortabler durch das Verfahren zu gelangen, ein anderes ist es, Verantwortung übernehmen und tragen zu können. Mediation bedeutet für den Richter Verantwortung aus der Hand zu geben. Da gehen Richter unterschiedlich mit um, zumal diese Frage auch wieder sehr komplex ist. Man muss zwischen der Verantwortung für das verfahren und der für den Ausgang, die Zukunft der Parteien unterscheiden und dabei auch zwischen den Parteien und den Betroffenen. Die IM zeigt wie es geht, weil sie das alles aufbröselt und differenziert (siehe: präzises Zuhören). Wenn Du daran interessiert bist die Richter und Kollegen ins Boot zu holen, lass uns besser telefonieren. Ich hab da eine Idee.
Gruß zurück, Arthur
Lieber Arthur,
ich habe auch bisher in Gesprächen mit 2 Direktoren hiesiger Amtsgerichte, dass die Mediation nicht korrekt, besser gesagt unvollständig und verkürzt, verstanden wird.
Diese Bewertung von Mediation macht m.E. die Skepsis vieler Richter aus.
So wurde mit im Familienrecht entgegengehalten, die Rechtssuchenden (ob damit Suchende nach einer konsensualen Lösung gemeint sein könnten???) es gäbe für Mediation keine Prozesskostenhilfe, von daher würden die Menschen mit einem schmaleren Geldbeutel eher das Gerichtsverfahren wollen, da sie dieses nicht zahlen müssten.
Eine erstaunliche Sichtweise, zeigt sie doch m.E. wie schwer sich viele Richter damit tun, den Menschen ihre Eigenverantwortung zu belassen (oder wieder zurückzugeben).
Ist dies mit Machtverlust der Judikative verbunden, die im Ergebnis nicht gewollt ist?
Ich habe mich bisher um Informationsveranstaltungen über integrierte Mediation bei den beiden Gerichten bemüht. Konkret habe ich eine Infoveranstaltung angeboten. Bisher ist die Resonanz eher verhalten. Sollte sich da etwas mehr bewegen, würde ich dich gerne mit in Boot holen.
Vielleicht hast du auch eine Idee, wie ich den Gerichten hier die Mediation als echte Alternative näher bringen kann. Ich habe oft den Eindruck, die Richter denken, ich würde das nur machen, um neues Geschäft zu generieren. Das istg zwar nicht ganz fernliegend. Aber hier geht es ja auch um eine präzisere Sichtweise auf Mediation.
Gruß
Wolfgang