Aikido ist mehr als nur Kampfkunst – Bericht über unseren „mediativen Bierabend“ und Stammtisch der RG-Koblenz.
Am vergangenen Freitagabend war es wieder soweit. In offener Runde haben sich Mitglieder der RG-Koblenz und Gäste diesmal wieder im Closter Sudhaus in Koblenz zusammengefunden. Zum Austauschen, zum Netzwerken, zum Kontakte pflegen und – wie es in Koblenz auch schon Tradition ist – zu einem kurzen aber spannenden Weiterbildungs-Impuls mit Blick über den Tellerrand. So haben sich trotz des schönen Wetters gut ein Dutzend Teilnehmer eingefunden – vom ausgebildeten Mediator bis zu den Besuchern, die in der Zeitung vom Thema des Abends erfahren haben: „Mediation, Aikido und Konsensualität“.
Der Gastredner an diesem Nachmittag war Dr. Till Neunhöffer, Physiker, Mediator, Coach und Trainer aus Mainz. Er untersucht seit Jahren die Parallelen zwischen der Mediation und der japanischen Kampfkunst Aikido und führt die beiden – gemeinsam mit der physikalischen Denkweise – zu einem innovativen Kommunikations-Modell zusammen.
Der Vortrag begann – wie kann es ja auch anders sein – mit einer Einführung in die Mediation. Insbesondere um die Gäste von außen „einzufangen“ gab es einen Schnelldurchlauf durch verschiedene Aspekte. Konsens-Prinzip, Harvard-Konzept, Nutzen-Orientierung als Grundlagen bekamen dabei genauso ihren Platz wie die große Bandbreite des Begriffs der Mediation als Konzept, Methode, Verfahren und vor allem als Erkenntnis-Prozess.
Essentiell ist die Haltung und Person des Mediators. Er steht schließlich für die Prinzipien der Mediation, für den Raum den sie öffnet, für die Meta-Ebene die sie als Perspektive anbietet. Seine Anwesenheit steht für das Durchbrechen des Eskalationsprozesses. „Konflikte gibt es immer. Die Eskalation findet typischerweise in den Konfliktteilnehmern statt. Das kann sich dann im Ping-Pong soweit hochschaukeln, dass eine Teufelsspirale entsteht.“, erklärt der Referent. Der Mediator durchbricht diesen Mechanismus und letztendlich kann das gegenseitige Verstehen wieder einsetzen.
Die japanische Kampfkunst Aikido ist im letzten Jahrhundert von Morihei Ueshiba entwickelt worden. Er galt zu Lebzeiten als unbezwingbar und hat in Japan entsprechend Kultstatus inne. Aikido steht in der Tradition des Budo, der Kriegskünste. Ursprünglich zum Überleben im Krieg notwendig, veränderte sich der Schwerpunkt in der über 200-jährigen Friedensphase in Japan, die um das Jahr 1600 einsetze. Die charakterliche Entwicklung trat in den Vordergrund und die Kriegerkaste übte sich auch in anderen Wegeskünsten wie der Teezeremonie.
Im Aikido besteht die Zielsetzung, mit einem Angriff so umzugehen, dass am Ende keiner verletzt ist. Der Verteidiger schützt sich selbst, darüber hinaus soll aber auch der Angreifer ohne Schaden aus der Begegnung hervorgehen. Das ist ja auch für den Verteidiger vernünftig, weil er dann den Ort des Treffens ohne Feind verlässt, der vielleicht auf Rache sinnt. Der Kern liegt auch hier in der Haltung des Aikido-Übenden, die für eine Suche nach der konsensualen Lösung steht, ohne sich dafür gefährden oder gar verbiegen zu müssen.
Die Haltung von Mediator und Aikidoka sind also eng verwandt. Und dann kommt ein wichtiges Aikido-Prinzip zum Einsatz, die Verbindung zwischen außen und innen. „Wir kennen doch alle das Gefühl, den Kopf hängen zu lassen, wenn wir unausgeglichen und gestresst sind und es uns nicht gut geht.“, so Till Neunhöffer, „das Äußere folgt dabei dem Inneren. Diesen Effekt kann man umkehren. ‚Kopf hoch‘ sagt man uns, und tatsächlich fühlen wir uns auch innerlich besser, wenn wir uns äußerlich aufrichten.“ Diesen Zusammenhang kann man auf die Haltungs-Entwicklung in der Mediation übertragen.
Im Folgenden zeigte der Referent mehrere aus dem Aikido abgeleitete Übungen. Beispielsweise wie viel schwieriger es ist, jemanden festzuhalten, wenn derjenige seine Aufmerksamkeit auf etwas völlig anderes konzentriert als die Stelle, wo er festgehalten wird. Oder wieviel stärker ein Arm ist, wenn er entspannt ist, anstatt mit Kraft gegen einen Angreifer zu kämpfen.
„Letztendlich ist der Ansatz, Aikido-Ideen in die Haltung des Mediators zu übertragen, ein Metapher-Training.“, so Till Neunhöffer, „Man kann die Bilder erleben und auch unter stressigen Situationen in Mediationen abrufen und damit Ideen finden, wie man diese Situationen voranbringt.“ Auch die kleinen Geschichten aus der Historie des Aikido werden den Zuhörern noch länger im Gedächtnis bleiben. Schließlich sind es auch die Metaphern darin, die nachhaltig mitgenommen werden.
Viel zu schnell war der Abend vorbei und die Zeit gekommen, um nach Hause zu fahren. Den Teilnehmern hat es gefallen, die Rückmeldungen fielen entsprechend aus. „Der Vortrag war interessant und man konnte gut folgen!“, resümierte Katharina Reinhold, Claims Managerin, die zur Weiterbildung in Koblenz war. Auch Arthur Trossen, der mit seiner Frau Monika am Stammtisch teilgenommen hat, zeigte sich mehr als zufrieden: „Gerade der Übertrag aus dem Aikido ist der Integrierten Mediation konzeptionell besonders nahe“, resümierte er.
Wer sich mehr für Tills Arbeit interessiert, findet mehr über ihn und sein Seminar-Angebot zur mediativen Haltung unter:
http://www.cooperation-consulting.com/seminar_aikido_mediation.html
Das nächste Treffen der RG-Koblenz ist bereits für den 25.08.2017 fest eingeplant. Hier wird das Thema – Mediation im Schiedsverfahren – vorgestellt.
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