Die Verbände waren aufgefordert, sich über die Standards der Ausbildung und Zertifizierung zu einigen. Dies ist jetzt insofern geschehen, als die Verbände sich auf gewichtete Mindestandards verständigt haben. Die Standards lauten wie folgt:
Zertifizierungsstandards für Mediatorinnen und Mediatoren | |
A. | Persönliche Kompetenzen |
Abgeschlossenes Hochschul oder Fachhochschulstudium oder mehrjährige Berufstätigkeit | |
B. | Ausbildungsinhalte |
I. | Einführung und Grundlagen der Mediation (Gewichtungsvorschlag: 15 %) |
1. | Definition |
2. | Grundlagen der Mediation |
Überblick zu Prinzipien, Verfahrensablauf und Phasen der Mediation | |
Überblick zu Kommunikations und Arbeitstechniken in der Mediation | |
3. | Abgrenzung der Mediation zum streitigen Verfahren und anderen alternativen Konfliktbeilegungsverfahren |
4. | Überblick über die Anwendungsfelder der Mediation |
II. | Ablauf und Rahmenbedingungen der Mediation (Gewichtungsvorschlag: 25 %) |
1. | Einzelheiten zu den Phasen der Mediation |
Mediationsvertrag | |
Stoffsammlung | |
Interessenerforschung | |
Sammlung und Bewertung von Optionen | |
Abschlussvereinbarung | |
2. | Besonderheiten unterschiedlicher Settings in der Mediation |
Einzelgespräche | |
Co /Teammediation, Mehrparteienmediation, Shuttle Mediation | |
Einbeziehung Dritter (z.B. Kinder, Steuerberater, Gutachter) | |
3. | Weitere Rahmenbedingungen |
Vor und Nachbereitung von Mediationsverfahren | |
Dokumentation/Protokollführung | |
III. | Verhandlungstechniken und kompetenz (Gewichtungsvorschlag: 10 %) |
Grundlagen der Verhandlungsanalyse | |
Verhandlungsführung und Verhandlungsmanagement: Intuitives Verhandeln, Verhandlung nach dem Harvard Konzept/integrative Verhandlungstechniken, distributive Verhandlungstechniken | |
IV. | Gesprächsführung, Kommunikationstechniken und Konfliktkompetenz (Gewichtungsvorschlag: 25 %) |
Grundlagen der Kommunikation | |
Kommunikationstechniken: aktives Zuhören, Paraphrasieren, Fragetechniken, Verbalisieren, Reframing, verbale und nonverbale Kommunikation | |
Techniken zur Entwicklung und Bewertung von Lösungen (Brainstorming, Mindmapping, sonstige Kreativitätstechniken, Risikoanalyse) | |
Visualisierungs und Moderationstechniken | |
Umgang mit schwierigen Situationen (z.B. Blockaden, Widerstände, Eskalationen, Machtungleichgewichte) | |
Konflikttheorie (Konfliktfaktoren, Konfliktdynamik und Konfliktanalyse; Eskalationsstufen; Konflikttypen) | |
Erkennen von Konfliktdynamiken | |
Interventionstechniken | |
V. | Recht der Mediation (Gewichtungsvorschlag: 5 % ) |
Rechtliche Rahmenbedingungen: Mediationsvertrag, Berufsrecht, Verschwiegenheit, Vergütungsfragen, Haftung und Versicherung | |
Einbettung in das Recht des jeweiligen Grundberufs | |
Grundzüge des Rechtsdienstleistungsgesetzes | |
VI. | Recht in der Mediation, Ermöglichung einer rechtlich informierten Entscheidung bei rechtlich relevanten Sachverhalten (Gewichtungsvorschlag: 10 %) |
Rolle des Rechts in der Mediation | |
Abgrenzung von zulässiger rechtlicher Information und unzulässiger Rechtsberatung in der Mediation | |
Rechtzeitige Empfehlung an die Medianten, in rechtlich relevanten Fällen externe rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen | |
Mitwirkung von Rechtsanwälten in der Mediation selbst | |
Mitwirkung des Mediators bei der Abschlussvereinbarung | |
Rechtliche Bedeutung und Durchsetzbarkeit der Abschlussvereinbarung | |
VII. | Persönliche Kompetenz, Haltung und Rollenverständnis (Gewichtungsvorschlag: 10 % ) |
Rollendefinition, Rollenkonflikte | |
Aufgabe und Selbstverständnis des Mediators | |
Mediation als Haltung, insbesondere Wertschätzung, Respekt und innere Haltung | |
Allparteilichkeit, Neutralität und professionelle Distanz zu den Medianten und zum Konflikt | |
Macht und Fairness in der Mediation | |
Umgang mit eigenen Gefühlen | |
Selbstreflexion | |
Vernetzung | |
VIII. | Praxis und Supervision / Intervision in der Ausbildung |
Rollenspiele mit Feedback und Analyse | |
Information über die Bedeutung von Supervision | |
C. | Abschluss der Ausbildung |
Abschlusskolloquium, in dem u.a. die Inhalte der Ausbildung und der dabei gemachten Erfahrungen reflektiert werden | |
Abschlussprüfung und Falldokumentationen können vorgesehen werden | |
D. | Praktische Erfahrung und Nachweis von Fällen |
Selbstverpflichtung der zu zertifizierenden Mediatoren, praktische Erfahrungen in eigenen Mediationsfällen zu erwerben, sofern sie nicht bereits über solche Erfahrungen verfügen | |
Selbstverpflichtung der zu zertifizierenden Mediatoren, praktische Erfahrungen im Rahmen von Super oder Covision zu erörtern | |
E. | Fortbildung |
Selbstverpflichtung der zu zertifizierenden Mediatoren zu regelmäßiger Fortbildung | |
Zusammen mit der Pressemitteilung des BMJ, die inzwischen auch auf unserer Seite veröffentlicht wurde, zeigt sich jedoch ein erfreulicher Trend. Wahrscheinlich wird es den einzelnen Verbänden und Kammern obliegen, dafür zu sorgen, dass und wie sie für die Verwirklichung der Standards der Mediation einstehen. Die Information über die Standards bleibt im Intranet für unsere Mitglieder einsehbar – wie sonst könnten wir uns als Verband dahinterstellen? Zugegeben, die Standards lassen noch viele Fragen offen. Das ist gut so, denn es bleibt natürlich unbenommen, höhere Anforderungen an die Ausbildung zu stellen. Ob und inwieweit diese Standards in eine offizielle, gesetzliche Regelung überführt werden, etwa wie in Österreich, ist noch offen.
Ich weiß nicht wer diese Quantifizierungen vorgeschlagen hat. Die Handschrift der Juristen ist in den ganzen Verhandlungen deutlich zu spüren. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es sich hier um Mindeststandards handelt, die jeder Ausbilder und jedes Institut „nach oben“ den Bedürfnissen anpassen können. Immerhin war es gelungen, Standards zu finden, denen sich alle Verbände anschließen konnten. Der Rest ist Sache des Wettbewerbs.
Das war ja zu erwarten – was kann anderes aus dem Justizminiterium kommen – 15 % Recht und dann noch unnötiges, während für das allerwichtigste in der Mediationsausbildung, die Haltung lediglich 10 % vorgesehen sind. Meine Meinung: Wer diese Standards mit entwickelt hat – hat meines Erachtens noch keine Mediation gemacht, bzw. kaum Erfahrung in dem Bereich. Supervision bleibt bei einer Selbstverpflichtung!? Gerade in den Supervisionen wird deutlich – wo in der Ausbildung individuell anzusetzen ist, wo die einzelnen ihre Fallen haben. Wie wäre es andersrum – wir machen 15 % Supervision und das mit dem Recht machen wir in die Arbeitsgruppen, in Selbstverpflichtung – schließlich ist alles was mit Recht zu tun hat – nachzulesen. Erfahrung – wie Supervision – ist halt nicht zu „Studieren“. Denke mal – Pädagogen hat man nicht einbezogen.
Jedenfalls was meine Ausbildung betrifft – an Teile dieser Vorgaben werde ich mich nicht halten.
Ali Leyendecker, Mediator, Piesport