Die Konferenz in Den Haag
Unter diesem bewegten Titel veranstaltete de Rechtspraak am 19.11.2009 in Den Haag – genauer gesagt im exklusiven Kurhaus in Scheveningen – eine Konferenz zur Gerichtsmediation.
Schon die Übersetzung ins Deutsche stimuliert. Heisst es „die Mediation bewegen“ oder heisst es „bewegende Mediation“, wie wäre es mit „bewegliche Mediation“ oder gar „Wechselmediation“? Der Untertitel zur Veranstaltung ergibt den Hinweis: „(moving mediation) from mediation to a customized approach“.
Ist es eine Bewegung weg von der Mediation? Die Frage wurde nicht wirklich aufgeworfen. Dort wo die Mediation real praktiziert wird ist die Notwendigkeit ihrer Anpassung an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Klienten längst kein Thema mehr. Die Erfolge sprechen für sich.
Das führende Thema war auf jeden Fall der Bezug zur Rechtsprechung und die Frage, wie sie zur Realisierung des mediativen Gedankens beitragen kann. Die Niederlande haben vorbildliche Modelle zur gerichtsnahen Mediation entwickelt. Die gerichtsinterne Mediation tritt in den Hintergrund. Die Herbeiführung von Vergleichen rückt in den Mittelpunkt und damit einhergehend das Bedürfnis nach der gerichtsnahen Mediation. Die Mediation kommt dem Gerichtsverfahren immer näher. Sie wird bald nahtlos integriert sein.
Etwa 120 Teilnehmer aus mehr als 23 Ländern (z.B. Bangladesch,Belgien, Deutschland, Estland, Finnland,Frankreich, Lettland,Macedonien, Niederlande,Rumänien, Russland, Schweiz,Serbien, Slovenien,Türkei, Schottland, UK, USA) zeigten sich nach der eintägigen Veranstaltung hoch zufrieden. Nach einem einführenden Vortrag von Machteld Rel, deren Namen seit einem erfolgreich durchgeführten Pilotprojekt in den Niederlanden eng mit der gerichtsnahen Mediation verknüpft ist, gab es ein reichhaltiges Angebot an Workshops, deren Ergebnisse gegen Abend in einem Plenum aufgelöst wurden. Persönlichkeiten und Spezialisten wie Ales Zalar, Friedrich Glasl, John Blad, Robin Linthorst, Nicolien Verkleij, J.M.Bosnak, Sir Mathew Thorpe, Robine de Lange-Tegelaar, Thoma Sleeswijk, Nicolien Verkleij etwa standen dem interessierten Auditorium als Moderatoren der Workshops und / oder auch im Podium als Referenten zur Verfügung.
Die Erfahrungen der gerichtsnahen Mediation in den Niederlanden standen im Mittelpunkt der Konferenz. Sie ergaben genügend Anlässe für Fragen und Stellungnahmen der staunenden Kollegen aus anderen Ländern. Das niederländische Modell entpuppte sich deshalb als die perfekte Plattform für einen Erfahrungsaustausch. Mal wieder hat es sich gezeigt, wie sehr sich der Blick über die Grenzen lohnt. Es macht Sinn, sich mit Modellen zu befassen, die traditionsbedingt in dem eigenen Sprengel kaum umsetzbar wären. So lässt es sich wenigstens über die Erfahrungen anderer ermitteln, was möglich und machbar ist. Es ergeben sich Inspirationen für eigene Pläne. Es ist definitiv eine Erweiterung des eigenen Horizonts.
So spannend die fremden Erfahrungen sind, so gefährlich sind sie auch. Was in den Niederlanden funktioniert muss in anderen Ländern nicht notwendiger Weise auch funktionieren. Die Gegenüberstellungen helfen, die Prinzipien zu erkennen, die der gerichtsnahen Konfliktebilegung zugrunde liegen könnten. Einige dieser Prinzipien wurden in Den Haag sehr deutlich:
- Es ist besser die Konflicktlösungsstrategien der Parteien auf ihre Nützlichkeit zu hinterfragen als die Parteien von der Mediation zu überzeugen.
- Der richterliche (Erwartungs-)Druck trägt dazu bei die Parteien in die Mediation zu zwingen. Er nutzt der Mediation aber nichts, wenn die Parteien nicht bereit sind selbst an der kooperativen Konfliktlösung mitzuarbeiten.
- Mediation muss (zumindest in der Implementierungsphase) einen try and error prozess abbilden, damit sich viele unterschiedliche Ausprägungen ergeben und damit die am besten in ein System passende Form der Mediation entstehen kann.
- Gesetzliche Regelungen helfen nicht wirklich bei der Verbreitung der Mediation. Sie können einen Rahmen bilden, in dem Mediation möglich wird. Sie können anber auch den Rahmen bilden, in dem sich die Mediation gerade nicht entwickelt. Auch hier ist Vorsicht geraten, die Erfolge oder die Misserfolge anderer Länder als Maßstab zu setzen.
- Die Mediation reagiert abhängig vom Kontext in dem sie statt findet.
Die Veranstaltung war mit mehr 200 EUR Eintrittspreis recht teuer. Privat zahlende Richter beispielswesie müssen höherrangige Besserverdiener sein oder Enthusiasten. Zum Glück gibt es viele Regierungen und Gerichtsverwaltungen, die den Eintrittspreis für Entsandte bezahlen. Wie dem auch sei. Die Veranstaltung war ihr geld auf jeden Fall aber wert. Nicht oft kommt es vor, dass die Teilnehmer während eines Workshops nicht nur die schlauen Powerpoint slides, sondern gleichzeitig! auch den Blick auf das Meer genießen können. Das Foto oben zeigt beispielsweise was die Teilnehmer des Worshops „5“ zu sehen bekamen, wenn sie nur aus dem Fenster schauten. Zum Glück gab es die Powerpoint slides auch als Print im Handout. 😉
Es war keine Aufbruchstimmung. Die noch immer ungebrochene Begeisterung für Mediation war aber deutlich zu spüren. Ebenso der Stolz über erfolgreiche Projekte. Die Neugier und der Wunsch voneinander zu lernen standen im Vordergrund. Einigkeit und Selbstbewusstsein waren zu spüren und das Gefühl, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen – trotz aller Unterschiede. Ein gutes Gefühl!
Mehr unter: Moving Mediation Conference
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