Eigentlich geht es um Mediationsarten. Mediation styles werden sie im Englischen genannt. Der Begriff Mediationsarten wurde vom Gesetzgeber allerdings mit den Fachmediationen gleich gesetzt. Deshalb verwenden wir hier den Begriff der Mediationsmodelle.
Wenn von der Mediation die Rede ist, wird diese oft undifferenziert als das bessere, billigere und nachhaltigere Verfahren beschrieben. Bei genauer Betrachtung erweist sich diese Aussage als ungenau und in ihrer Absolutheit sogar als falsch. Eine Differenzierung der verschiedenen Modelle der Mediation ist angebracht, weil die Modelle unterschiedliche Bearbeitungstiefen beschreiben und deshalb unterschiedlich nachhaltige Ergebnisse produzieren. Eine Mediation, die sich auf Konfliktarbeit einlässt fühlt sich anders an als eine, die nur eine Interssenerhellung versucht.
Mediation ist noch lange nicht gleich Mediation.
Der Zugang zu den unterschiedlichen Modellen der Mediation lässt sich am Besten nachvollziehen, wenn die Mediation in einem Kontinuum der Konfliktbeilegungsverfahren zugeordnet wird. Die Eckpunkte dieses Kontinuums werden aus dem Spannungsfeld zwischen der Position und den Interessen einerseits und zwischen der sach- und konfliktbasierten Herangehensweise andererseits gebildet.
Das Grundmodell der Mediation, wie es Anfang des letzten Jahrhunderts in Amerika aufgekommen war, ist die so genannte facilitative Mediation. Sie kann als der Ursprung der Mediation bezeichnet werden.
Die facilitative Mediation
(fazilitativ = vereinfachen, erleichtern) Der Mediator strukturiert einen Prozess um die Parteien dabei zu unterstützen, ein wechselseitig akzeptiertes Ergebnis zu erzielen. Der Mediator befragt die Parteien, wertschätzt und normalisiert, stellt unterschiedliche Sichtweisen heraus und sucht nach den Interessen hinter den Positionen, um darauf basierte Lösungsoptionen zu erarbeiten. Der Mediator macht keine Vorschläge und gibt auch keine Empfehlungen ab. Die Parteien sollen das Ergebnis auf der Basis von Information (Informiertheit) und Verständnis erwirken. Je weiter sich die Ausarbeitung der interessenorientierten Vorschläge von den Positionen entfernt, desto mehr nähert sich diese Form der Mediation der transformativen Mediation an. Die facilitative Mediation eignet sich für Konflikte auf der sachlich-intellektuellen Konfliktdimension[2].
Nachdem die Juristen die Mediation für sich entdeckten, haben sie ihre lösungsorientierte und problembezogene Denkweise in das Verfahren eingebracht. Daraus entstanden war die sogenannte evaluative Mediation. Sie entspricht dem juristischen Procedere am Meisten.
Die evaluative Mediation
(evaluative = wertend, bewertend) Diese Form der Mediation verstärkt die Einflussnahme des Mediators. Sie korrespondiert mit einem gerichtsanhängigen Prozess und nimmt dessen Ergebnis vorweg. Der Mediator unterstützt die Parteien, indem er die Schwachpunkte ihres Falles (ihrer juristischen Argumentation) herausarbeitet. Er mag formale Empfehlungen hinsichtlich des (juristischen) Ergebnisses (Fallausgang) machen. Er orientiert sich eher an der rechtlichen Lage als an den Interessen und Bedürfnissen der Parteien. Methodisch wendet er das Caucus oder die Shuttle diplomacy an. Der evaluative Mediator ist meist selbst ein Jurist. Die evaluative Mediation kann sich in zwei unterschiedliche Richtungen bewegen. Sie kann sich eher an den Positionen oder eher an den Interessen ausrichten. Im letzten Fall geht sie, je nachdem wie stark die Emotionen einbezogen werden, in eine facilitative oder transformative Mediation über.
Nicht nur die Juristen, sondern auch die Psychologen haben die Mediation für sich entdeckt. Sie kannten die Gesprächstechniken der Mediation bereits. Immerhin hat die Mediation diese aus der Psychologie entlehnt. Was sie nicht kannten war der strukturierte Aufbau und der sich daraus ergebende verfahrensbezogene Kontext, in dem die Gesprächs- und Interventionstechniken zur Anwendung kommen. Mit den Psychologen entwickelt sich die Mediation von einer bloßen Interessenerhellung zu einer echten Konfliktarbeit. Hier steht das Konflikterleben der Parteien im Vordergrund. Mit der Arbeit am Konflikt sollen die Parteien in die Lage versetzt werden, ihre Erkenntniswelt dergestalt umzuformen, dass ihnen eine Neugestaltung der streitbefangenen Lebensverhältnisse möglich wird.
Die transformative Mediation
(transformative = umformend, umgestaltend) Die transformative Mediation setzt auf die Fähigkeiten der Parteien. Sie versucht diese zu verstärken und nutzbar zu machen. Sie ermöglicht die Anerkennung der hinter dem Streit verborgenen Bedürfnisse. Um dies zu erreichen, lässt sie sich auf die Wahrnehmungswelt der Parteien ein und versucht, diese durch eine kontextsensitive Relativierung zu verändern. Das Lösungspotenzial besteht darin, die Beziehung der Parteien im Laufe der Mediation zu verbessern. Die transformative Mediation eignet sich besonders für die Bearbeitung von Konflikten der sozio-emotionalen und der wertmäßig-kulturellen Dimension.
Mit dem Aufkommen der Mediation und ihren begrifflichen Spiuelräumen ist ein Trend zu beobachten, dass immer häufiger Gespräche mit Methoden der Mediation geführt werden, ohne dass dafür ein Anlass bestünde. Diese Form der Mediation hat die integrierte Mediation als sondierende Mediation bezeichnet.
Sondierende Mediation
Die sondierende Mediation beschreibt die streotypische Anwendung der Mediation auf Fälle, die nicht mehr sind als ein sondierungsgespräch. Es besteht kein wirklicher Streit und die Positionen sind entweder noch fgar nicht ausgeprägt oder für die Parteien ohne weiteres disponibel. Ein Anwendungsbeispiel dafür ist die von den Rechtsschutzversicherern eingeführte Shuttle-Mediation. Hier hat es sich gezeigt, dass oft ein rechtlicher Hinweis genügt, um eine Einigung sogar am Telefon zu ermöglichen.
Integrierte Mediation
Das andere Extrem bildet die integrierte Mediation. Ihr Ursprung kommt aus den hoch eskalierten Konflikten, wo autorfitäre Elemente zur Konfliktbearbeitung erforderlich sind, die nicht zwingend in der Mediation vorgehalten werden können. Die integrierte Mediation ist, wenn man so will, ein Modellmix, ähnlich der eclectic mediation. Sie ist flexibel genug, um sich an alle Fälle anzupassen und alle Modelle einzubeziehen.
Varianz und Abgrenzungsbedarf
Es gibt noch andere Erscheinungsformen, wie z.B. die narrative Mediation (narrative = erzählend, erzählerisch), die an die narrative family therapy anknüpft. Sie wäre ein Unterfall der transformativen Mediation. Alle Varianten lassen sich in dem methodischen Konstrukt der Mediationsmodelle einsortieren, so dass die hier aufgeführten Modelle als Grundformen mediativen Vorgehens zu verstehen sind. Sie bilden die wichtigsten und charakteristischsten Ausgestaltungen der Mediation. Sie beschreiben ihre Vielfalt und positionieren die Mediation eher als ein entweder sachliches oder als ein eher konfliktbezogenes Verfahren. Sie positionieren die Mediation als ein Verfahren das entweder eher auf Positionen abstellt als auf Interessen. In der Praxis sind diese Formen fließend und ineinander übergehend. Der professionell tätige Mediator muss deren Unterscheidung kennen und beherrschen. Wie sonst will er den Parteien in Phase eins eine korrekte Kostenkalkulation ermöglichen?
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