Die Philosophie der integrierten Mediation
Wir verdanken es unserer Vereinsgeschichte, dass wir uns stets mit der Frage auseinandersetzen mussten, wie sich die Mediation etwa von einer Verhandlung mit mediativen Techniken abgrenzt. Heute sind wir dankbar für die viuelen Auseinanderstzungen, die uns ein klares Bild von der Mediation und ihrer Herleitung ermöglicht haben.
Was ist Mediation?
Seit den Bemühungen des Gesetzgebers, die Mediation zu etablieren, gerät sie immer mehr in den Fokus eines alternativen Verfahrens zur Gerichtsbarkeit. Um die Mediation von anderen Verfahren abgrenzen zu können, wird sie (schleichend) immer mehr formalisiert und dogmatisiert. In diesem Kontext ist die Mediation ein aussergerichtliches, freiwilliges und vertrauliches Verfahren, bei dem ein neutraler Dritter die Parteien darin unterstützt, selbst eine Lösung zu finden.
Ist das wirklich alles?
Wer sich näher mit der Mediation beschäftigt, wird schnell erkennen, dass sie zu viel mehr in der Lage ist. Warum sollte sich diese Kompetenz nur auf isolierte, als solches ausgewiesene Verfahren beziehen? Sollte diese Kompetenz nicht auch dann zur Verfügung stehen, wenn sich die Parteien außerhalb der Mediation befinden? Die meisten Mediationsausbildungen haben den Fokus auf das Mediationsverfahren gerichtet. Als wissenschaftliche Grundlage wird das Harvard-Konzept zitiert, das wohl bemerkt keine Mediationsforscung darstellt und auch keine Theorie der Mediation ist. Der Absolvent lernt, dass er nur als Mediator, also in dieser Funktion und Rolle, in der Lage sei, eine Mediation durchzuführen. Ein Anwalt muss seine Mandantschaft also vor die Wahl stellen, ob er als Mediator oder Anwalt beauftragt wird. Ein Richter muss die Parteien vor die Wahl stellen, ob sie das Gerichtsverfahren oder eine Mediation durchführen wollen. Ein Personalchef muss seine Mitarbeiter an externe Mediatoren verweisen, wenn diese eine Mediation für angebracht halten usw.
Mediative Techniken
Nicht immer sind die Parteien bereit oder in der Lage, eine externe Mediation – oder wie wir sie nennen eine reine Mediation – durchzuführen. Viele der Mediatoren, die eine Mediationsausbldung durchgeführt haben, versuchen deshalb, meditative Techniken außerhalb der Mediation anzuwenden. Techniken alleine helfen aber nicht viel. Wenn Sie einen Krieg führen und dabei nett miteinander reden, dann ist es zwar ein netter Krieg, aber es ist immer noch ein Krieg. Die integrierte Mediation hatte hier ihren Ursprung. Sie überlegte, wie sich eine Kooperation innerhalb einer Konfrontation herbeiführen lässt. Das überraschende Ergebnis war, dass die Mediation selbst die Antwort auf dieser Frage gibt.
Mediative Kompetenz
Wir sehen einen Unterschied zwischen der Anwendung meditativer Techniken und der Verwendung meditativer Kompetenzen. Statt mediatver Techniken, so lautete die erste Erkenntnis der integrierten Mediation, bedarf es der gesamten Kompetenz der Mediation, um auch innerhalb der Konfrontation eine Kooperation mit dem Ziel eines Konsenses zu erzielen. Um der Frage nachzugehen, wie eine Kooperation in oder neben der Konfrontation zu ermöglichen ist, hat sich die integrierte Mediation besonders mit den Schnittstellen der Mediation auseinandergesetzt. Dabei sind wichtige Erkenntnisse über den Charakter der Verfahrens und insbesondere der Mediation aufgedeckt worden. Es wurde deutlich, dass das Prinzip der mangelnden Entscheidungskompetenz strategisch zu bewerten ist und sich aus den hinter der Verfahren verborgenen Kommunikationsmodellen begründet.
Mediatives Konzept
Spätestens mit den Bemühungen um ein Mediationsgesetz und der Einbeziehung von Juristen veränderte sich das Verständnis der Mediation immer mehr in Richtung eines Verfahrens im juristischen Verständnis. Mit den erweiterten Erkenntnissen der integrierten Mediation wurde andererseits immer deutlicher, dass die Mediation nicht nur ein Verfahren im juristischen Verständnis ist, sondern vielmehr auch als ein Verfahren im psychologischen Verständnis begriffen werden kann. Als ein Verfahren im psychologischen Verständnis beschreibt die Mediation einen Erkenntnisprozess, den die Parteien durchlaufen müssen, wenn sie zu einem Konsens finden wollen. Mit diesem Zugang konnte die Mediation aus der Starre eines mehr oder weniger formalisierten Verfahrens gelöst werden. Die von der Mediation beschriebenen Erkenntnisschritte ergeben sich aus einem vertiefenden Verständnis der hinter der Mediation verborgenen Phasenlogik. Alle Kompetenzen der Mediation kommen zum Tragen. Angefangen von der Haltung, den Prinzipien, der Methodik, den Techniken und dem Setting. Die Mediation wird nun als ein übergeordnetes Konzept verstanden, in das andere Verfahren eingebunden werden können oder anders gesagt, das in andere Verfahren einbezogen werden kann. Die Mediation steht wie ein Hybridverfahren über den abzuwickelnden Prozessen. Damit verändert sie nicht nur den Aktionsradius, sondern sie ist auch in der Lage, mehrere auch abgebrochene verfahren wie eine gedankliche Klammer miteinander zu verbinden.
Integrierte Mediation
Der Begriff ist anscheinend sehr assoziativ. Jedenfalls glauben viele zu wissen: „Das ist keine Mediation“. Wenn sie sich näher mit der integrierten Mediation beschäftigen, dann meinen sie plötzlich: „Das ist ja nichts anderes als Mediation“. Beides ist korrekt. Die einfache Formel könnte lauten:
+ mediative Techniken
+ mediative Kompetenz
+ mediatives Konzept
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= integrierte Mediation
Die integrierte Mediation war entstanden, weil es anders nicht möglich war, sich über das Mediieren ausserhalb der Mediation auszutauschen. Konkret ging es damals um das Mediieren im Gerichtsverfahren. Hier finden sich die Anfänge und der Ausgangspunkt der integrierten Mediation. Justizielle Anwendungsbeispiele sind das so genannte Altenkirchener Modell bzw. die Koblenzer Praxis. Es gibt eine Reihe von Aufsätzen, die das Zusammenspiel der gerichtlichen Verfahren und der Mediation beschreiben (siehe Literaturangaben). Einen Einblick in die Denkweise ergibt der Beitrag „Vergleiche vor Gericht„. Im Laufe der Zeit hat sich die integrierte Mediation immer mehr von diesen Wurzeln entfernt. Se wurde allgemeintauglich. Die dort entwickelten Grundsätze gelten auch außerhalb der Gerichtsverfahren. Heute hat integrierte Mediation mit dem Gericht so wenig zu tun, wie ein Cola-Automat in der Gerichtskantine. Sie kann genutzt werden, muss es aber nicht. Der Bezug zu den Gerichtsverfahren ist und bleibt aber dennoch bedeutsam, weil sich hier die Abgrenzung von Verfahren und Strategien sehr deutlich nachweisen lässt. Die Effizienz der integrierten Mediation ist bewiesen (siehe den Beitrag von Prof. Dr. Neuert) Um einen Konsens auch in Verfahren der Konfrontation zu ermöglichen, führt die integrierte Mediation mediative Komponenten Schritt für Schritt in eine zugrunde liegende Konfrontation ein. Den Parteien vermittelt sich mehr und mehr eine Vorstellung davon, ob und inwieweit ein Einvernehmen möglich und in der Lage ist, eine allseits zufriedenstellende Lösung herbeizuführen. Die Integration ist nicht nur auf die Gerichtsverfahren begrenzt. Sie kann auch in die anwaltliche Beratung, in ein betriebliches Umfeld oder in andere Streitverfahren einbezogen werden. Mithin wird die integrierte Mediation wie folgt definiert:
Die integrierte Mediation bedingt eine Verfahrensweise, welche es ermöglicht alle denkbaren Verfahren und Prozesse konzeptuell an der Mediation auszurichten.
Möchten Sie noch mehr erfahren?
Hier ist eine Zusammenstellung der Beiträge zur integrierten Mediation: