Mediation im Sinne einer institutionalisierten, alternativen Streitbeilegung ist auch für Georgien etwas Neues. Es gibt allerdings historische Anknüpfungspunkte. Beweise für Vermittlungsverfahren, bei denen eine neutrale dritte Person dazu beiträgt den Konflikt der Parteien zu lösen, gehen auf das 19. Jahrhundert zurück.
Die Schlichter und Verfahren wurden in den verschiedenen Regionen Georgiens ganz unterschiedlich benannt. Sie hießen Morevi, Khevisberi oder BChE-Mediatoren. Es handelte sich um in der Gesellschaft besonders angesehene Personen. In jener Zeit war es gar nicht ungewöhnlich, einen solchen Vermittler auch in einem Gerichtssaal anzutreffen. In den großen Städten wurde sogar ein verfahren praktiziert, das der modernen, gerichtsbasierten Mediation durchaus ähnlich war. In den alpinen Regionen gab es sogar eine Vermittlung auch außerhalb der Gerichte.
Erste Spuren einer kommerziellen Beilegung von Streitigkeiten außerhalb der Gerichte führen in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie gehen auf private Initiativen zurück. Zeitschriften und Zeitungsberichte der damaligen Zeit belegen, dass die neu entstandene Mediation sogar für einige Zeit das beliebteste Verfahren der Streitschlichtung war. Der Siegeszug der Mediation schien vorprogrammiert zu sein. In den 1880-er und 1890-er Jahren wurden Georgien’s Bürger zunehmend mit der Mediation vertraut.
1921 hatte die Sowjetregierung alle ADR-Verfahren abgeschafft. Seit dem gibt es auch keine Vermittlung mehr, auch nicht in den großen Städten Georgiens. Ledigloich in den alpinen Regionen wurden die Anführer eines Dorfes als Streitschlichter eingesetzt.Sie hatten allerdings keine Befugnis zur Fallentscheidung.
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und bis zur Rosenrevolution im Jahre 2003, hatten Kriminelle eine große Autorität und Einfluss in der Gesellschaft gewonnen. Sie haben deshalb Regeln und Tribunale aufgestellt, wo der Bandenführer als Vorsitzender tätig war. Der Vorsitzende beendete das verfahren mit einer „verbindlichen Empfehlung“ (quasi adjudizierte).
Heute gibt es in Georgien keine Vermuittlung mehr, geschweige denn Mediation.Die traditionellen Instanzen sind aufgelöst und auch das kriminelle Tribunal gibt es nicht mehr. Die Statistik aus dem Jahre 2011 belegt, dass nur 5% der gerichtsanhängigen Fälle einvernehmlich gelöst werden.
In der Zeit vom 20.-24.2. wird ein IM-Vertreter dort als Berater vor Ort mit anderen Experten aus dem Ausland Empfehlungen ausarbeiten, wie man dort der Mediation auf die Sprünge helfen kann.
Merci fur die Hintergrunde. Gehts hier einlgteich auch in irgendeiner Weise um Rohstoffe? Oder warum will Georgien Sudossetien nicht freigeben? Sind das nicht arme Bergregionen? Was haben die USA fur Interessen in diesem Gebiet?
Vielen Dank. Das war sehr interessant für mich und gibt mir Anlass, wieder über das Wesen des Rechts und der Mediation nachzudenken. Mein Wahlspruch: „In der Mediation kann sich das Wesen der Gerechtigkeit verwirklichen“ scheint sich zu bestätigen. Wenn der Staat allerdings das Recht als Macht(erhaltungs)instrument benutzt, ist für die, aus dem Gewohnheitsrecht entwickelten, Mediation kein Platz mehr. Gerade im Zusammenhang mit dem derzeit diskutierten Mediationsgesetz muss sich mir der Eindruck aufdrängen, dass es bezüglich des Güterichters nicht darum geht, wirklich konsensuale Lösungen zu finden, sondern nur darum, die Funktionsfähigkeit des Justizapparats zu retten, weil dieser in der derzeitigen Form nicht mehr funktionsfähig, weil nicht mehr finanzierbar, ist. Deshalb soll aus meiner Sicht der Güterichter und seine (derzeit nur verdeckt offenbarten) Möglichkeiten zum Machtinstrument werden.
Ich denke, der Güterichter ist nur ein Trost damit der Gesetzgeber nicht die ganze Welt gegen sich aufbringt. Und damit das leidliche Konkurrenzverhältnis zur außergerichtlichen Mediation nicht so offenkundig ist. Nun denken wir mal in Prozessen und Entwicklungen: Die Richter werden sich spalten. Manche werden das zum Anlass nehmen Mediation zu boykottieren, die anderen werden es im Erkenntnisverfahren einsetzen und die Dritten machen halt brav Güteverhandlungen. Die RAe werden schnell eine Mediationsausbildung machen (soweit noch nicht geschehen) und das auf den Briefkopf schreiben und auch gespalten sein. Im Grunde hängt alles an der Ausbildungsqualität. Damit meine ich nicht die Stunden, sondern die Sicht auf Mediation. Gut dass wir in Georgien Berater sind 😉
So sehe ich das auch. Also, viel Glück in Georgien, auf dass da nicht dieselben Fehler gemacht werden, wie bei uns 😉 <--(uff)