Viele kennen leider in unserer heutigen Zeit vergleichbare Situationen:
Das Ehepaar X ist 20 Jahre verheiratet. Ein Kind ist bereits volljährig, ein weiteres Kind befindet sich in der Ausbildung. Frau X hat in den letzten Jahren eine aushäusige Berufstätigkeit nicht ausgeübt, da sie zuständig gewesen war für die interne Familienverwaltung.
Herr X hat sich in den letzten Jahren durch Aufbau seiner Karriere im Außenbereich aufgerieben. Plötzlich stellen beide fest, dass ein Leben zwischen ihnen nicht mehr möglich ist. Herr X hat in der Zwischenzeit eine Freundin, dies jedoch zunächst vor Frau X geheim gehalten, da er an den Kindern hängt, auch nicht weiß, wie es weitergehen soll. Nach einiger Zeit erfährt Frau X von der Beziehung. Sie will die Scheidung. Durch das Verhalten von Herrn X ist sie zutiefst verletzt, wenn letztendlich auch nicht verwundert. Sie hat schon lange gemerkt, dass in der Ehe das Schweigen eingekehrt war. Sie wohnt mit den Kindern in dem Einfamilienhaus weiter. Hier sind die Kinder zu Hause, sollen auch zu Hause bleiben, bis die Schule abgeschlossen ist. Sie ist auch nicht willens, für die andere Frau auf wesentliche Teile ihres Lebensstandards zu verzichten. Da sie bisher noch nicht aushäusig berufstätig gewesen ist, benötigt sie dringend finanzielle Unterstützung. Im Übrigen müssen die sonstigen Vermögensfragen geklärt werden. Auf der anderen Seite hat sie mit Herrn X 20 Jahren in der Ehe zusammengelebt, sie kannten sich auch vorher bereits schon. Obwohl Herr X sie tief verletzt hat, will sie mit ihm nicht bis aufs Messer kämpfen. Er ist der Vater ihrer Kinder. Dies wird er auch bleiben. Sie möchte sich mit ihm in anständiger Form auseinandersetzen, ohne ihre Rechte aufzugeben.
Herr X möchte die Scheidung ebenfalls. Auf der anderen Seite fühlt er sich nach wie vor zuständig für die Familie, die er in den letzten 20 Jahren wirtschaftlich und von der Finanzverwaltung her gestützt hatte. Er fühlt sich auch nach wie vor verantwortlich. Ihm ist schon klar, dass er auch weiterhin zunächst für die Familie sorgen muss, er möchte aber nun einen neuen Lebensabschnitt beginnen, in dem er Zeit, Kraft und Geld auch für diesen neuen Lebensabschnitt benötigt.
Frau X ist die Mutter seiner Kinder, er möchte ihr nicht noch mehr weh tun, sieht jedoch auch nicht ein, dafür auf sein Leben verzichten zu sollen. Er will sich mit ihr nicht streiten, will aber auch nicht seine Rechte beschneiden.
Ein Gespräch zwischen Ihnen beiden ist nicht mehr möglich. Frau X ist tief verletzt, jeder Versuch, einzelne Dinge zwischen ihnen vermögensmäßig zu regeln, endet im Chaos. Es gibt jedes Mal Streit. Frau X kann Herrn X derzeit nicht mehr vertrauen. Herr X findet das albern, da er zwar bis zu einem bestimmten Grad ihre Verletztheit wegen der anderen Beziehung nachempfinden kann, aber meint, dass dies nichts mit der vermögenstechnischen Abwicklung zu tun hat.
Die Frage ist, welche Möglichkeiten die Parteien jetzt haben, um ihre Angelegenheiten zu klären.
Sie können sich beide einen Anwalt nehmen und ein streitiges Verfahren vor Gericht durchführen. Dass am Ende dieses streitigen Verfahrens eine Basis zwischen ihnen für einen weiteren freundschaftlichen Kontakt zumindest in den näheren Jahren nicht mehr gegeben sein wird, ist ihnen klar.
Sie können beide auch versuchen, mit Hilfe eines Anwaltes oder zweier Anwälte einen Vergleich zu erarbeiten, in dem im Rahmen der rechtlichen Regelungen für beide eine tragfähige Lösung erarbeitet wird. In diesem Fall würden sie einen wesentlichen Teil ihrer Verantwortung für diesen Lebensabschnitt auf die Anwälte delegieren und diese letztendlich den Vertrag aushandeln lassen.
Oder sie können versuchen, eigenverantwortlich, die Angelegenheiten so zu regeln, wie es in ihr persönliches, eigenes Lebenskonzept passt und selbst einen entsprechenden Vertrag schließen. Hierbei können sie viele Positionen wie Unterhalt, Umgang mit den Kindern, Hausrat, Vermögensaufteilungen anders regeln, als das Gesetz es vorsieht, wenn es denn besser zu ihnen passt.
Das Problem hierbei ist, dass sie derzeit nicht miteinander reden können und das letztlich auch das Vertrauen zwischen Ihnen fehlt. Für diesen Fall, dass beide eine solche eigenverantwortliche Regelung für sich finden wollen, bietet sich der Gang zum Mediator an. Dieser vertritt beide Parteien gleichermaßen und ist zu einer objektiven und neutralen Position ihnen beiden gegenüber verpflichtet. Seine Aufgabe besteht darin, beiden Parteien zu helfen, eigenverantwortlich ihre Interessen zu vertreten und im Rahmen einer vertraglichen Regelung durchzusetzen. Dies unter Einbeziehung und auch Berücksichtigung des geltenden Rechts. Nötig ist für beide Seiten, dass sie vollständig informiert sind über ihre rechtliche Situation. Wenn sie dann, abweichend von den gesetzlich möglichen Regelungen für sich, aus ihrem jeweiligen Interesse, anderes beschließen, so haben sie im Rahmen ihrer eigenen Vereinbarung hierzu Gelegenheit.
Der Vorteil für sie liegt darin, dass sie dann, wenn sie eine solche gemeinsame und eigenverantwortliche Vereinbarung erarbeiten, diese auch für die nächsten Jahre tragfähig sein wird, weil beide sie miteinander erarbeitet haben, weil sie selbst sehr bewusst die einzelnen Teile miteinander ausgearbeitet haben. Und weil es sich um ihre persönliche, individuelle Lösung handeln wird, die genau ihr eigenes Leben aus den letzten 20 Jahren berücksichtigt und würdigt, allerdings mit der Zielrichtung auf die zukünftige Lösung.
Mit Hilfe des Mediators werden sie all ihre Probleme sichtbar machen müssen, um dann eine Lösung finden zu können.
Dies setzt von beiden die Bereitschaft voraus, sich auf einen solchen Prozess auch einzulassen.
Während die Überantwortung der Entscheidung an einen Dritten den Nachteil hat, dass die Lösung nicht speziell alle Interessen der Parteien berücksichtigen kann, liegt der Vorteil darin, dass es für beide nicht mehr erforderlich wäre, sich mit der momentanen Situation wirklich auseinander zusetzen.
Während bei der Mediation der Vorteil darin liegt, dass beide eine Lösung erarbeiten können, die vollständig auf ihr ganz persönliches Leben zugeschnitten ist, liegt der Nachteil gegebenenfalls darin, dass beide sich ernsthaft auf diesen Prozess einlassen müssen, der für jeden mit intensiver Arbeit verbunden sein kann. Bei durchschnittlicher Vermögenslage, werden die Parteien 6 bis 8 Sitzungen bei einem Mediator benötigen, bis sie zu einer Vereinbarung gelangen können.In dem Beispielsfall entscheidet sich das Ehepaar X dafür, sich in eine solche Mediation zu begeben. Im Verlauf der Mediation stellt sich heraus, dass Frau X schon immer gerne in einem kreativen Beruf tätig gewesen wäre, was Herrn X völlig neu ist. Sie möchte gerne wirtschaftlich unabhängig sein von ihm, also nicht auf die Dauer auf Unterhaltszahlungen angewiesen sein. Zu Beginn jedoch benötigt sie Unterhaltsleistungen, um überhaupt den Einstieg ins Berufsleben finden zu können. Nachdem Herrn X klar ist, dass Frau X letztendlich eine wirtschaftliche Unabhängigkeit von ihm wünscht, will er ihr den Einstieg ins Berufsleben durch eine entsprechende Finanzzahlung für die ersten Jahre auch gerne ermöglichen.
Frau X soll in dem Haus wohnen bleiben, solange die Schulausbildung des zweiten Kindes noch fortdauert. Eine Gütertrennung wollen sie jedoch zum jetzigen Zeitpunkt vornehmen und legen auch die Kriterien für die spätere Hausauseinandersetzung bereits fest. Für den Fall, dass Frau X vor Ablauf von 5 Jahren wirtschaftlich unabhängig ist, möchte sie eventuell vorzeitig aus dem Haus ausziehen. Für diesen Fall wird Herr X aus dem dann frei werdenden Vermögensanteil bezüglich restlicher Unterhaltsansprüche einen Abfindungsbetrag leisten. Die Versorgung und Betreuung ihre Kinder wollen sie sich zukünftig ebenfalls gemeinsam kümmern, insbesondere in den Ferienzeiten sichert Herr X seine Unterstützung zu. Nach 5 Sitzungen haben die Eheleute X diese Vereinbarung erstellt. Frau X war es dann im Weiteren gelungen, tatsächlich eine ihr entsprechende Berufstätigkeit zu finden. Sie ist nach 3 Jahren aus dem Haus ausgezogen und hat sich eine Wohnung genommen, die in günstigerer Nähe zu ihrem Arbeitsplatz liegt. Zu diesem Zeitpunkt haben dann die Parteien das Haus veräußert. Frau X hat ihren Anteil aus dem Haus erhalten sowie die besprochene Abfindung. Ein Unterhalt wird im Weiteren nicht mehr geleistet durch Herrn X. Mit dem zur Verfügung stehenden Kapital hat Frau X ausreichend Startkapital gehabt, um nunmehr in die von ihr angestrebte selbständige Tätigkeit überwechseln zu können.
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