Die Mediation sollte ein Kulturgut sein, so wie es ein Kulturgut ist, dass wir lesen und schreiben können. Das war das einhellige Ergebnis des Kongresses Mediation verbinden, den die integrierte Mediation und der Förderverein Mediation im öffentlichen Bereich am 27. und 28. November in Koblenz veranstaltet hatten.
Es sollte eine Mediation im öffentlichen Bereich werden. Es wurde ein so genannter Open Space. Open Space bezeichnet eine Konferenz- oder Kommunikationstechnik, die ohne Regeln abläuft und einen völlig freien, informellen Austausch über ein Thema ermöglichen soll. Die Teilnehmer, alles erfahrene Mediatorinnen und Mediatoren, hatten die Gelegenheit, sich über die Zukunft der Mediation in Deutschland auszutauschen.
Space Opener war Arno Baltin, ein Spezialist aus Estland. Er eröffnete den Open Space mit der von den Teilnehmern gewählten Frage: „Wie kann die Mediation überleben?“. Die Frage ist berechtigt. Immerhin beobachten wir mit einiger Sorge, wie die Bemühungen zur Etablierung der Mediation als ein bürgerautonomes Verfahren der Konfliktbeilegung vorangehen. Wir sorgen uns um den Einfluss einer Lobby deren Interessen nicht transparent gemacht werden. Wir beobachten eine konfrontative Vorgehensweise in eigenen Angelegenheiten der Mediation und fragen uns, warum es uns nicht möglich ist, diese, letzten Endes doch von Mediatoren beeinflusste Entwicklung, mit mediativen Mitteln durchzuführen. Geht es um die Mediation oder um die Absicherung von Märkten? Geht es um die Unterstützung des autonomen Bürgers oder nur um die Bereicherung der forensisches Landschaft? In etwa dieser Bandbreite bewegten sich die Fragen, die sich die Kongressteilnehmer zu stellen hatten.
Der Kongress begann mit der Frage, ob und wie eine Großmediation mit unbekannten Variablen zu organisieren sei. Die Kongressorganisation selbst wurde zu einem Beispiel dafür, wie schwierig es ist, die Betroffenen und die vermeintlich interessierten Teilnehmer an einen Tisch zu bekommen. Mediation geht jeden an. Hätten wir dann nicht 82 Millionen Bürger einladen müssen, damit sie sich an den Auseinandersetzungen beteiligen können? Das wäre natürlich unmöglich. Die Teilnehmer hatten auf dem Kongress die Diskussionen um Stuttgart 21 aufgegriffen. Sie waren sich einig, dass Stuttgart 21 keine Mediation sei. Einigkeit bestand auch darüber, dass sich die Kriterien zur Qualifikation dieses Verfahrens nicht aus dem Gesetz ableiten lassen. Das in Planung befindliche Mediationsgesetz schafft keine Klarheit und es kann dies auch nicht. Einigkeit bestand schließlich auch darin, dass die Mediation ein Erkenntnisprozess sei. Sie erlaube eine Sichtweise, die es nicht nur den Konfliktparteien ermögliche, Meinungsverschiedenheiten auf einem friedlichen Weg beizulegen. Die Mediation ermöglicht ein offenes Denken und die Auflösung von Widersprüchen. Ihre Grundlage ist das Verstehen der jeweiligen Anliegen mit den dahinter liegenden Belangen und die Vermittlung dieses Verstehens an die gegnerische Partei. Die Teilnehmer fragten sich, warum das Bedürfnis, den Mitmenschen auch im Konflikt besser verstehen zu können, nicht in allen Bereichen des Lebens stattfinden sollte. Wäre es nicht eine gute Idee, wenn alle Menschen diese Form der Streitbeilegung beherrschten, wenn ein mediatives Denken nicht nur Wenigen, sondern jedermann zugänglich ist? Die Sorge, dass die Mediatoren in diesem Fall eine Nachfrage nach der Mediation einbüßen müssten, wurde von den Kongressteilnehmern nicht gesehen. Das Gegenteil war der Fall. Jedermann weiß, dass eine Mediation in eigenen Angelegenheiten nur durch einen außenstehenden, neutralen Dritten möglich ist.
Es scheint so, als wäre die Mediation – wenigstens wenn es um die Gesetzgebung geht – mehr und mehr von Juristen dominiert. Das könnte das Gesicht der Mediation verändern. Die Mediation ist interdisziplinär. Sie muss es sein, wenn sie sich entwickeln soll. Es wäre eine Einschränkung ihrer Kompetenz, wenn sie nur zu einer Alternative der gerichtlichen Verfahren degradiert wird, Tatsächlich ist die Mediation aber nicht deren Alternative, sondern deren Konsequenz. Sie gibt die ehrliche Chance, alle Interessen an der Lösung von Konflikten und Problemen zu beteiligen. Dabei spielt es keine Rolle, wie viele Beteiligte das sind.
Die Mediation hat viele Gesichter. Die Diskussionen über die Mediation mag darüber hinwegtäuschen. Mediation ist nicht gleich Mediation. Es gibt die schnelle, kostengünstige, evaluative Mediation. Sie orientiert sich an Lösungen, ist aber nicht nachhaltig. Daneben gibt es aber auch eine sich auf die Bedürfnisse einlassende, tiefer gehende Mediation. Sie arbeitet transformativ und ist in der Lage, nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Schon diese beiden, voneinander zu unterscheidenden, Verfahrenswesen rechtfertigen unterschiedliche Erwartungen. Nach Meinung der Kongressteilnehmer sei es in jedem Fall zu begrüßen, dass die Formen der kooperativen Konfliktlösung mehr und mehr in den Fokus der Menschen geraten. Jetzt gehe es nur noch darum, den Menschen zu beweisen, dass das kooperative Denken stark genug ist, um Konfrontationen zu überwinden. Ob das dann letztlich in der Form einer so oder so gestalteten Mediation, einer Moderation oder einer Schlichtung passiert, ist von nachrangiger Bedeutung. Jede Form der Kooperation muss möglich sein. Der Mensch ist in seinem Kern ein kooperatives Wesen. Er braucht jedoch eine Erfahrung und ein Handwerkszeug, damit er die Kooperation im Streit selbst dann als erfolgreich erleben kann, wenn sie aussichtslos erscheint. Die Mediation wäre ein in Frage kommendes, mächtiges Handwerkszeug. Das allgemeine Wissen um Kommunikation und Wahrnehmung ergibt den Schlüssel zu ihr. Die Bemühungen um eine Professionalisierung der Mediation und ihr Bedürfnis, sich abzugrenzen, sollte nicht dazu führen, dass dieser Schlüssel den Menschen vorbehalten wird. Die Teilnehmer erkannten eine Gefahr, wenn die Mediation zum Gegenstand der Politik wird, anstatt ihr Vorbild zu sein.
Mit dem Kongress „Mediation verbinden“ war es dem Verein integrierte Mediation (www.in-mediation.eu) und dem Förderverein Mediation im öffentlichen Bereich (www.umweltmediation.info) gelungen, einen Blick auf die Interessen hinter der Mediation zu werfen und eine Auseinandersetzung zu führen, welche die Mediation in den Mittelpunkt der Interessen der Menschen stellt.
[…] Integrierte Mediation schon in vorangegangenen Versammlungen gewonnen hat. Die Mediation muss ein Kulturgut sein, wenn sie sich verbreiten soll. Als Dienstleistung betrachtet, beschreibt sie einen von […]
Lieber Arthur, ceterum censeo:
Setz doch bitte mal im ersten und letzten Absatz einen Link auf http://www.publicmediation.de oder http://www.umweltmediation.info. Das haben wir beim FMöB umgekehrt auch gemacht und machen wir dann auch nochmal.
Schöne Grüße,
Dieter