Integrierte Mediation Die Verstehensvermittlung
So verstehen wir uns. So verstehen wir einander. So möchten wir verstanden sein. Verstehen ist immer und überall möglich. Die Integrierte Mediation somit auch. Für uns ist Mediation in erster Linie eine Philosophie, eine Art des Denkens. Das Verfahren ist seine Ausprägung.
Der Begriff „integrierte Mediation“ ist erklärungsbedürftig. Der Name ist aus einem historischen Anlass heraus zu erklären. Integrierte Mediation ist NICHT, wie Viele denken, die Anwendung mediativer Techniken in etwa einem Gerichtsverfahren. Techniken mögen zwar das Verhandlungsklima verbessern; ein mediatives, konsensuales Ergebnis befähigen sie indes nicht. Umgekehrt wird ein Schuh daraus, wenn die Mediation den Handlungsmaßstab vorgibt. Mit diesem Denken wird sie allgegenwärtig und stets anwendbar. Was so kompliziert und abstrakt klingt ist im Grunde ganz einfach.
Definition
Im Vordergrund steht die Erkenntnisgewinnung, die den Blick auf nützliche Lösungen erweitert. Die mit der von der Integrierten Mediation entwickelte, kognitive Mediationstheorie beschreibt die Verstehensvermittlung als ein Prozess, der sich von der Lösungsvermittlung (Schlichtung), der Entscheidung (Gerichtsverfahren) und sogar der Verhandlung (Moderation) eindeutig abgrenzen lässt. Mit dem auf das Verstehen an und für sich gerichteten Fokus geraten die Lösungen aus dem Blickfeld. Der Prozess und der sich daraus ergebende, in Etappen einzuteilende Erkenntnisgewinn, stehen im Mittelpunkt des Denkens. Die Lösungen ergeben sich (wie von selbst) daraus.
Verstehen ist stets mit dem Denken und dem Wahrnehmen verknüpft. Weil die Mediation sehr genau beschreibt, wie dieser Prozess abzulaufen hat, kann die Mediation als ein Erkenntnisprozess, mithin ein Verfahren im psychologischen Sinn, beschrieben werden. Wir präferieren das psychologische Verfahrensverständnis. Ein psychologisches Verfahren (Erkenntnisprozess) kann nämlich auch unter varianten (anderen) Bedingungen mit gleichem Erfolg ablaufen. Das ist die zentrale Erkenntnis der Integrierten Mediation!
Verstehen ist allerdings nicht immer ohne Weiteres möglich. Die Umweltbedingungen machen es dem Menschen richtig schwer. Auch die formale Sicht auf die Verfahren und die Annahme ihrer Allkompetenz erschweren den am Konflikt zu orientierenden Prozess. Um dies zu erkennen und zu verdeutlichen, erstrecken wir die in der Mediation vorzuhaltende Metasicht auch auf die Verfahren selbst. Unser Motto lautet: „Fit the form to the fuss“. Das Verfahren soll sich am Konflikt (und dem davon betroffenen Menschen) orientieren und nicht umgekehrt.
Die Integrierte Mediation ist bedarfsorientiert. Sie beschreibt die Anwendung der Mediation auch unter schwierigsten Bedingungen. Sie spannt den Bogen von einer „kundennahen Mediation“, wie sie schon genannt wurde, bis hin zur Mediation, wo die Durchführung eines solchen Verfahrens für die Parteien keine Option darstellt. Die Auseinandersetzung mit der Mediation und ihren Grenzen hat zu Erkenntnissen geführt, die Einfluss auf die Ausprägung und Gestaltung der Mediation nehmen. So gesehen erweitern sich die Möglichkeiten einer (meditativen) Verstehensvermittlung über die Grenzen des Verfahrens (im juristischen Verständnis) hinaus.
Systematische Einordnung der Integrierten Mediation
Die Integrierte Mediation beschreibt die Mediation in all ihrer Komplexität aus verschiedenen Blickwinkeln. Sie bildet die Klammer über die Mediation, indem sie Schnittstellen nicht nur in die Außenwelt, sondern auch unter den verschiedenen Mediationen zur Verfügung stellt. Die integrierte Mediation findet sich in der Mediationssystematik wie folgt wieder:
Anwendungsbeispiel: Kombination von Verfahren, um fehlende functional Units auszugleichen. Steigerung der Verfahrenseffizienz, indem sich (streitbedingt) wiederholende Etappen ausklammern lassen (eine Phase 2 muss nicht in jedem Verfahren wiederholt werden; die in anderen Verfahren herausgearbeiteten Motive werden adoptiert), Anwendung der Mediation auf Killerphrasen (Verhandlungselemente werden an einer gedachten Mediation ausgerichtet, woraus sich Handlungsanweisungen für den Verhandler ergeben).
Anwendungsbeispiel: Während der Ausführung einer Mediation wird von der transformativen auf eine evaluatioven Mediation gewechselt. Der Mediator „verweist“ an das Gericht oder eine ähnliche Instanz, wenn autoritäre Elemente einzubringen sind, die ihm nicht zur Verfügung stehen. Es ist für ihn kein Grund, die Mediation abzubrechen. Alles was „Motor“ des Konfliktes ist, wird in die Mediation einbezogen.
Anwendungsbeispiel: Altenkirchener Modell. Mit Hilfe der Migrationsstrategie kann der Sachbearbeiter / Entscheider die Streitparteien in eine Kooperation bewegen. Motive werden indirekt abgefragt. Die Methodik ist in jedem Verfahren (Gericht, Personalentscheidungen) anwendbar und geeignet, diese zu einem konsensualen Ergebnis zu führen.
Mithin ist die (integrierte) Mediation mehr als nur ein Verfahren der Konfliktbeilegung. Sie beschreibt eine Art des Denkens und erwartet eine innere Einstellung, der durchaus eine philosophische Bedeutung zukommt. Ihr visionärer Blick erlaubt es, die Mediation statt zur Verbesserung der Streitkultur zur Festigung einer Friedenskultur einzusetzen.