Was es nicht alles gibt. Jetzt stoßen wir auf die Indoor Mediation. Laut einer Pressenotiz im Web ist das eine Mediation ohne Mediator. Sie kostet auch nur 69 Euro und das einmalig, egal wie viele Indoor Mediationen Sie damit durchführen. Ist das nicht ein tolles Angebot? Natürlich ist es keine Mediationsdienstleistung, sondern nur eine Anleitung zum Selbstversuch. Der Herausgeber bezeichnet das als Selbsthilfe-Werkzeug.
Er führt dazu aus: „Die Mediation ohne Mediator ist die erste Anleitung zur Mediation zuhause, die Sie ohne fremde Hilfe durchführen können. Sie wird auch Indoor-Mediation genannt und gibt Ihnen die Gelegenheit, ein gemeinsames Problem bzw. einen Alltagskonflikt miteinander zu lösen, ohne die Hilfe eines Mediators dazu in Anspruch zu nehmen. Zuerst einigen Sie sich auf ein Thema, über das Sie gerne miteinander sprechen wollen, und das eine (neue) Regelung benötigt. Dann lernen Sie mithilfe einer Anleitung gemeinsame Lösungsoptionen zu entwickeln.
Das Ziel der Mediation ohne Mediator ist es, dass Sie zu einem konkreten Problem gemeinsam eine Lösung erarbeiten. Durch den Austausch der Standpunkte zu einem gemeinsamen Thema erhält Ihr Partner / Ihre Partnerin die Chance, Ihre Perspektive nicht nur zu hören, sondern auch nachvollziehen zu können. Am Ende der Indoor-Mediation steht eine gemeinsam vereinbarte Regelung eines Paar-Themas.
Sie erhalten Kommunikationsregeln und können dadurch besser partnerschaftliche Themen miteinander besprechen.
Wie funktioniert die Mediation ohne Mediator?
Der Ablauf einer Mediation wurde erheblich vereinfacht und in Papierform gegossen. Jeder erhält ein eigenes Konfliktheft mit einer Schritt für Schritt Anleitung.
Was bringt uns das Kommunikations-Werkzeug Mediation ohne Mediator?
Die Anwendung des Kommunikations-Werkzeuges Mediation ohne Mediator bedeutet für Sie praktische Hilfe zur Selbsthilfe. Sie lernen ohne Anwesenheit eines dritten Helfers (z.B. Mediator) verschiedene Lösungen für ein Alltagsproblem entwickeln, die Ihre Interessen und die Ihres Partners / Ihrer Partnerin berücksichtigen“.
Ich kann mir vorstellen, dass viele Mediatoren skeptosch sind und dazu neigen zu sagen „Das geht doch gar nicht“. Das denke ich auch, ohne Mediator geht keine Mediation. Aber: Es wäre möglich, den Mediator virtuell abzubilden oder ideel enzubringen. Die integrierte Mediation hat sich mit solchen Fragen auseinandergesetzt und untersucht, wie eine Mediation möglich ist, wenn es keinen dazu ernannten Mediator gibt. Die Erfahrung dazu ist, dass es eine ganz besondere Kompetenz der Person(en) erfordert, die in dieser Doppelrolle auftreten. Es ist eine echte Herausforderung und verlangt beste Kenntnisse und Fertigkeiten in der Mediation. Wie auch immer Kenntnisse über Kommunikation können niemals schaden, ebensowenig Kenntnisse über die Mediation. Vielleicht erfahren die Anwender durch diesen Selbsthilfe-Werkzeugkasten, wo ihre Grenzen sind, vielleicht hift es ihnen ja auch schon die Probleme selbst zu lösen. Wer weiß das schon? Ich wäre neugierig, welches die Inhalte des Selbsthilfe-Werkzeugkastens sind. Vorher möchte ich mir keine Meinung bilden. Skepsis ist jedoch angesagt. Den Begriff Indoor Mediation abe ich in dem zusammenhang übrigens das erste mal gehört. Googelt man nach dem Begriff, landet man übnrigens stets auf der Web-Seite des Anbieters.
Wenn eine Mediation ohne Mediator eine Indoor-Mediation ist, wäre die Konsequenz ja, dass eine Mediation mit Mediator eine Outdoor-Mediation ist. Vielleicht wäre das ein neuer Marketing-Ansatz, denn das klingt sehr aufregend. 😉
Skeptisch? Also ich jedenfalls war gestern den ganzen Tag nicht skeptisch, nachdem ich die Pressemitteilung gelesen hatte. Ich hatte dauernd damit zu tun, nicht jedesmal loszuprusten, wenn ich an den Koffer dachte. Irgendwie kam ich nicht von dem Gedanken los, was Loriot aus dem „ideale(n) Geschenk“ zum „Valentinstag“, zu „Weihnachten“ oder „zur Hochzeit“ gemacht hätte. Etwa so:
(Nachdem Er Ihr einen Blumenstrauß zum Valentinstag überreicht hatte)
Sie: „Schatzi, ich habe auch was für Dich“ (überreicht ein verpacktes Paket).
Er: „Oh, da bin ich ja gespannt“.
Sie: (kann´s nicht abwarten und hüpft) „Es ist `ne Reise drin“.
Er: „Öh, ja, äh, aber wir waren doch erst..“
Sie: (unterbricht) „Ja, ja, aber wir brauchen nicht einmal wegfahren“.
Er: (erleichtert) „Aaah ja!“
Sie: „Ja, es ist eine Indoorreise“.
Er: „Na sowas. Was es nicht alles gibt.“
Sie: (kann nicht anders) „Eine Beziehungsreise sogar“.
Er: (packt jetzt schnell aus) „Ahhh“, (liest vor) „Ihre Beziehungsreise“.
Sie: „Jahaa“.
Er: (nimmt sie in den Arm und will sie zum Schlafzimmer führen)
„Aber Mäuslein, das können wir doch schon“.
Sie: „Schon, schon, aber damit können wir noch was lernen – und sag
nicht immer Mäuslein zu mir“.
Er: „Also gut Mausi, machen wir halt erst schnell das „Easy Kommunikationspaket“.
Sie: „Von wegen Mausi, erst kommt die ´Paarkommunikations-Analyse´ dran – sagt Mausi!“
…………
…………
(Nach einer Stunde im Flur)
Er: „Also, ich gehe jetzt in die Kneipe, Frikadellen analysieren!“
Sie: „Und ich zu meiner Mutter und außerdem: entweder gehst du morgen mit zum Mediator – ich kenne da Einen, der hat nicht viel zu tun – oder ich gehe zum Rechtsanwalt“.
(Die Haustüre knallt zu)
Das Einzige, was mich an dem Koffer stört, ist, dass er mir nicht eingefallen ist;-)
Ob mit oder ohne Anleitung: Es braucht viel Sozialkompetenz (kommunikative Kompetenzen), um eigene Konflikte selber lösen zu können. Wer sucht die Unterstützung eines neutralen Dritten? Derjenige, der seinen eigenen Konflikt nicht mit eigener Kompetenz lösen kann. Für mich ist Indoor Mediation ein interessanter Ansatz für Menschen, die bereits über viel Sozialkompetenz, insbesondere kommunikative Kompetenz, verfügen und eine „gemeinsame Spielanleitung“ benötigen, um einen Konflikt zu lösen. Ich kenne das Spiel nicht, frage mich einfach, was passiert, wenn Menschen ohne genügende Sozialkompetenzen damit die eigenen Konflikte aktiv angehen? Gemäss Bild auf der Homepage besteht der Koffer eigentlich aus einer Plastikmappe; der Schaden dürfte also begrenzt sein, wenn sich die Parteien mangels kommunikativer Kompetenzen das Spiel früher oder später an den Kopf werfen 🙂 Aber im Ernst: ein interessanter Ansatz. Und wie bereits gesagt, dient die Verbreitung der Kommunikation und der Mediation der ganzen Gesellschaft. Vielleicht ist der Umgang mit Indoor Mediation ein echtes Thema der Integrierten Mediation: Kann Indoor Mediation helfen, vom konfrontativen Umgang mit einem Konflikt über den Selbstversuch zu einer eigentlichen Mediation zu gehen? Indoor Mediation als Brücke in Form eines Selbsthilfe-Werkzeugkastens? Indoor-Mediation als Angstnehmer vor einer eigentlichen Mediation? Und vielleicht ist Indoor Mediation ja einfach ein sehr gutes Instrument, um Probleme anzugehen, nicht aber, um Konflikte zu lösen. Der Anbieter selber empfiehlt das Spiel für niedrige Konfliktstufen. Für höhere Konfliktstufen sieht auch er die eigentliche Mediation als Konfliktlösungsmethode.