II Der Güterichter als Rechtsbrecher?
Aus dem Richtermediator oder besser gesagt, aus dem Richter, der auch Mediationen durchführt, soll also ein Güterichter werden. Geht das so einfach?
Bisher haben die Mediatoren, die von ihrem Grundberuf her Richter sind, die Mediationen außerhalb des rechtsprechenden Bereichs durchgeführt. Oft in ihrer Freizeit oder es wurde ihnen dienstlich dafür die Zeit gelassen. Auf jeden Fall war die Mediation nicht Teil ihrer eigentlichen Aufgabe. Das Wort „Richtermediation“ war schon immer irreführend. Diese kann es, wörtlich genommen, eigentlich nicht geben. Genauso wenig sinnvoll wäre es, die Mediation eines Rechtsanwalts „Rechtsanwaltsmediation“ oder die eines Psychologen „Psychologenmediation“ zu nennen.
Dies (und vieles mehr) soll sich jetzt ganz entscheidend ändern und es scheint zunächst ganz harmlos zu sein:
§ 258 Absatz 5 Zivilprozeßordnung (ZPO) – neu -:
„(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen Güterichter als beauftragten oder ersuchten Richter verweisen“. Nur für den Fall, dass sich die Parteien für eine (nunmehr außergerichtlichen) Mediation entscheiden, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. ( 278a (2) ZPO – neu -)
Es ist mir völlig unverständlich, mit welch einer Leichtigkeit der Gesetzgeber sich damit über die wenigen Grundprinzipien unseres Rechtsprechungssystems (immerhin die dritte Staatsgewalt) hinwegsetzen will. Und das mit den wenigen Worten: …“für die Güteverhandlung …. verweisen“.
Die Güteverhandlung ist ein Teil des streitigen Verfahrens und grundsätzlich von dem Richter durchzuführen, der später auch die Entscheidung zu fällen hat, denn nur er ist der gesetzliche Richter. Nach Art. 101 Grundgesetz (GG) sind Ausnahmegerichte unzulässig und: „Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.“ Hier ist hinzuzufügen, dass das selbst dann nicht geschehen darf, wenn die Streitparteien damit einverstanden sein sollten. Das hat sehr gute Gründe, auf die ich hier nicht weiter eingehen kann.
Wer der gesetzliche Richter ist, wird im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geregelt. Zunächst wird dort in § 16 nochmals festgehalten: „Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.“
Wer der gesetzliche Richter ist, wird letztendlich in § 21 e GVG bestimmt: „Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte.“
Es bedarf wohl keiner besonderen Diskussion, dass der Güterichter in seiner Funktion keinesfalls einem Spruchkörper zugeordnet werden kann. Schon gar keinem Ermittlungsrichter. Ein Richter hat Recht zu sprechen (und nur das!) und wenn er das nicht darf, kann er kein gesetzlicher Richter sein. Ein Richter in der Funktion eines Güterichters kann kein gesetzlicher Richter sein und kann damit auch nicht Teile des Prozesses des gesetzlichen Richters übernehmen. Somit verstößt zumindest diese hier genannte Vorschrift gegen das Grundgesetz.
Dieses Problem in der Begründung der Beschlussempfehlung „zu Nummer 5 – neu – (Änderung von § 278 Absatz 5)“ mit dem lapidaren Satz: „Die Wahrnehmung der Aufgaben als Güterichter gehört zu den Geschäften im Sinne des § 21 e Absatz 1 Satz 1 GVG. Sie sind deshalb im Geschäftsverteilungsplan zu regeln.“ abzutun, ist für mich unerträglich. Dem halte ich entgegen: Sind sie nicht (!) und ich habe es jedenfalls zu begründen versucht.
In Bayern hat man dieses Problem offensichtlich erkannt und in den „Informationen zum Modellprojekt ´Güterichter´“ ( http://www.justiz.bayern.de/imperia/md/content/stmj_internet/gerichte/landgerichte/bamberg/mediation.pdf ) festgehalten, dass (damals zur Erprobung) „speziell geschulte Güterichter in einer Güteverhandlung außerhalb der „normalen“ Streitverhandlung“ „auch in ein gerichtliches Verfahren integriert werden können“.
So lax, wie der Gesetzgeber hier schon vorgegangen ist, richtig halsbrecherisch wird es erst, wenn man sich weitere Punkte näher anschaut.
Dies dann in der nächsten Folge: III Mediation in der Resteverwertung
Aber sicher ist hier Güte als besondere Qualität gemeint, – es kann nicht anders sein -, denn nach dem derzeitigem Stand der Dinge ist das das Einzige, was der Güterichter darf, (von seinem Namen in juristisch sauberer Weise abzuleiten, denn mehr gibt der Gesetzestext nicht her) ist: G ü t e zu v e r b r e i t e n.
Ein beauftragter Richter ist ein Richter des Spruchkörpers!!!
Ein ersuchter Richter ist ein Richter an einem anderen Gericht.
Nach § 229 ZPO stehen dem beauftragten und ersuchten Richter die Ordnungsbefugnisse des Gerichts zu, er ist allerdings nicht entscheidungsbefugt. Vertraulichkeit ist ebenfalls nicht garantiert. Witzig finde ich auch die Begrifflichkeit. Ist ein Richter im Allgemeinen nicht gütig? Obliegt Güte nur einzelnen dazu ersuchten oder beauftragten Richtern? Oder meint Güte eventuell die Qualität? Dann wird es noch makabrer.