Auf dem 13. Mediationskongress der Centrale für Mediation in Berlin gab Marie-Luise Graf-Schlicker, Ministerialdirektorin, Leiterin der Abteilung Rechtspflege des Bundesministeriums der Justiz und Mitglied der Expertenarbeitsgruppe, die seit einem Jahr an der Umsetzung der EU- Richtlinie zur Mediation arbeitet, Einblick in den gegenwärtigen Stand der Dinge.
Auf dem Programm standen die Themen
1. Geltungsbereich und Umsetzungszeitraum
2. Erstreckung auf inländische Streitigkeiten?
3. Schaffung eines eigenständigen Mediationsgesetzes oder Anpassung der ZPO?
4. Regelung der gerichtsverbundenen Mediation?
5. Regelung von Qualitätsstandards für Mediation?
6. Vertraulichkeit, Verjährung, Vollstreckbarkeit von Mediationsvereinbarungen
Nachdem die Referentin zunächst die Vorteile der Mediation einem richterlichen Urteilsspruch gegenüber herausgestellt hatte, zitierte sie zur Untermauerung der Tatsache, dass Mediation als höchst effektives Konfliktbewältigungsverfahren immer mehr an Bedeutung gewinnt, das BVerfG in einem Urteil vom 14.2.2007: „…Auch in einem Rechtsstaat ist es gegenüber einer richterlichen Entscheidung vorzugswürdig, eine streitige Problemlage durch einvernehmliche Lösung zu bewältigen…“.
Im Anschluss kam sie, soweit dies nicht im Widerspruch zur Vertraulichkeit der Beratungen des Expertenteams stand, auf die o.g. Themen zu sprechen, wobei sie eine Unterteilung der unterschiedlichen Mediationsformen in gerichtliche Mediation, gerichtsnahe Mediation und außergerichtliche Mediation zugrunde legte.
Die RiLi selbst regelt nur grenzübergreifende Fälle aus dem Zivil- und Handelsrecht. Nachdem anfangs strittig gewesen sei, ob eine innerstaatliche Regelung überhaupt sinnvoll sei, habe man sich angesichts der Nachteile, die aus einer ausschließlichen Regelung der grenzüberschreitenden Fälle resultieren würden, nun darauf geeinigt, auch eine innerstaatliche Regelung zu etablieren. Noch unentschieden sei jedoch die Frage, ob dies in Form eines eigenständigen Mediationsgesetzes oder durch Anpassung der ZPO geschehen solle.
Bis 2011 soll die Richtlinie (RiLi) in den einzelnen Staaten umgesetzt werden. Die Expertengruppe rechne damit, bis Ende 2009 einen ersten Gesetzentwurf vorlegen zu können.
Im Falle der gerichtlichen Mediation besteht ein gravierender Unterschied zur außergerichtlichen Mediation: es ergeht zuletzt eine streitige Entscheidung, was in der außergerichtlichen Mediation ja gerade nicht angestrebt ist. In der Expertengruppe gebe es eine deutliche Tendenz, die Tätigkeit der Richter als Mediatoren noch unter den Begriff der rechtsprechenden Tätigkeit zu fassen. Gilt die verfassungsmäßige Verpflichtung aus Art. 10 GG, den gesetzlichen Richter zu benennen, dann auch für den Richtermediator? Wettbewerbsrechtliche Gründe machen es außerdem unumgänglich, dass die gerichtliche Mediation, wenn sie denn so genannt und behandelt wird, auch inhaltlich mit einer außergerichtlichen Mediation übereinstimmen muss, anders als z.B. im bayerischen Modell der Güteverhandlung.
Hinsichtlich der Frage nach der Verjährung von Ansprüchen sei noch keine Entscheidung gefallen, ob eine eigenständige Regelung, z.B. in § 204 BGB, geschaffen werden solle, oder ob die in § 203 BGB bereits verankerte Verjährungshemmung auf die Durchführung einer Mediation ausgeweitet werden solle.
Zur Frage der Vollstreckbarkeit stehen der gerichtlichen und der gerichtsnahen Mediation der Prozessvergleich nach den Regelungen der ZPO offen. Die außergerichtliche Mediation betreffend werde diskutiert, ob Strukturen in der ZPO geschaffen werden sollten, die sich am Modell des Anwaltsvergleichs orientieren. So könnte eine Mediationsvereinbarung mit Zustimmung der anderen Partei durch das Prozessgericht oder den Notar für vollstreckbar erklärt werden, sofern sie wirksam und im Einklang mit der öffentlichen Ordnung abgefasst ist.
Die Referentin betonte das besondere Gewicht der Vertraulichkeit als Bestandteil eines Mediationsverfahrens, da nur so ein Offenlegen der wahren Interessen zu erwirken sei. Die RiLi legt fest, dass weder der Mediator noch sonstige, in den Mediationsprozess eingebundene Personen zur Aussage in späteren Verfahren gezwungen werden dürfen; ihnen wird also ein Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt. Für die eigenständige Umsetzung könnte § 383 Abs.1 Nr.6 ZPO einen Anknüpfungspunkt bilden; eine andere Möglichkeit wäre, den Mediator in den Katalog des § 383 Abs.1 ZPO aufzunehmen. In diesem Falle stelle sich jedoch die Frage, ob an das Berufsbild oder die Tätigkeit des Mediators anzuknüpfen sei. Eine tätigkeitsbezogene Definition hätte den deutlichen Nachteil, dass das Gericht im Einzelfall jeweils prüfen müsste, ob wirklich eine Mediation stattgefunden hat. Die vorzugswürdigere Anknüpfung an das Berufsbild lasse aber die Frage unbeantwortet, ob es auch in strafrechtlichen Verfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht geben solle? Die Referentin rief Beispiele aus familienrechtlichen Streitigkeiten ins Bewusstsein, in denen eine Partei, die auf zivilrechtlichem Wege „ihren Willen nicht bekommen hat“, z.B. Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung erstattet. Sollte man ein Beweisthemen- und Beweisverwertungsverbot verankern, werde die Frage aufgeworfen, was die Parteien in einem Strafverfahren noch für Handhabe hätten, wenn weder Themen noch Inhalte, die in der Mediation zur Sprache kamen, verwendet werden dürfen.
Zum heißen Thema der Regelung von Qualitätsstandards für Mediatoren teilte die Referentin zunächst mit, dass man in der Arbeitsgruppe einer detaillierten Regelung des Berufsbildes sehr skeptisch gegenüber stehe, da man die Mediation als in der Entwicklung begriffen betrachte und davor zurückscheue, bereits jetzt strenge, möglicherweise die Entwicklung hemmende Strukturen zu schaffen. Im Gespräch seien zwei weitere Möglichkeiten:
Zum einen das „Anerkennungsmodell“, in dem ein anerkannter Mediator Rechte inne hat, über die ein nicht anerkannter nicht verfügt. Hierfür müsste eine Anerkennungsbehörde geschaffen werden.
Zum anderen sei eine Art Gütesiegel als Voraussetzung für bestimmte Rechte denkbar. Auch dieses Modell würde die Einrichtung einer Verleihungsstelle erfordern; denkbar wäre ein Mediationsdachverband mit der Zielsetzung der Verleihung der Anerkennung bzw. des Gütesiegels.
An dieser Stelle betonte die Referentin, dass Voraussetzung für eine solche Regelung die „Selbstheilungskräfte der Vereine“ seien und erntete dafür Gelächter – womit sich für die Verfasserin die Frage stellt, inwieweit dieses Vertrauen gerechtfertigt ist.
Weiterhin stelle sich die Frage, ob Bund oder Länder Ansiedlungsstelle für die Anerkennungs- bzw. Verleihungsbehörde sein solle. Da auch die Dienstleistungsrichtlinie berücksichtigt werden müsse, dürfe es bundesweit nur eine Anerkennung geben. Diese müsse also entweder gleich auf Bundesebene angesiedelt sein, oder es müsste auf Landesebene ein automatisches Anerkennungsverfahren für alle anderen Länder geben: einmal anerkannt, überall anerkannt.
Die ebenfalls brennende Frage nach der Regulierung der Ausbildung zum Mediator sei in der Expertengruppe bereits dahingehend entschieden worden, dass die Ausbildung nicht an einer bestimmten Stundenzahl festzumachen sei. Eine lebhafte Diskussion finde derzeit statt betreffend der Fragen, was ein Mediator wissen/lernen müsse, um überhaupt als solcher tätig werden zu können.
Weiter werde sich mit de Frage befasst, wie man Mediation verstärkt publik machen könne. Angedacht worden sei z.B. auch eine Hinweispflicht für Rechtsanwälte auf diese Art der Konfliktbewältigung, was nach Ansicht der Verfasserin in der praktischen Umsetzung, also auch hinsichtlich der Kontrolle ihrer Einhaltung, nahezu unmöglich sein dürfte.
Die Einbindung der Mediation in den Leistungskatalog der Rechtsschutzversicherungen werde von diesen bereits heftig diskutiert.
Für die außergerichtliche Mediation sei es im Gespräch, Kostenanreize zu schaffen, z.B. durch den Erlass der Gerichtskosten in einem späteren Verfahren nach (gescheiterter) Mediation, der Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn zuvor die Durchführung eines Mediationsverfahrens durch die Partei verweigert wurde oder durch eine andere Kostenverteilung im Folgeprozess unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Partei zur Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung.
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