Die integrierte Mediation wurde um Unterstützung eines Projektes über die gerichtliche Mediation in Strafvollzugssachen gebeten. Unser Interesse an einer Unterstützung ist grundsätzlich gegeben, weil dieses Projekt einen weiteren Schritt in mediatives Neuland darstellt. Obwohl es um ein Modell der gerichtsinternen Mediation geht ist die Frage, ob und inwieweit die Schnitttstellen zur integrierten Mediation auch in diesem Bereich gültig sind. Der IMeV-Vorstand weist ausdrücklich darauf hin, dass sich die integrierte Mediation NICHT wie oft angenommen, für die Institutionalisierung der Mediation durch Richter einsetzt, wohl aber für die Optimierung von Konfliktlösungen in ALLEN Lebensbereichen. Deshalb sind wir neugierig wie sich die Idee des Landgerichts Berlin umsetzen lässt, wo jetzt (im Rahmen eines bundesweit einzigartigen Pilotprojektes) die Möglichkeit geschaffen wird, gerichtliche Verfahren nach den §§ 109ff StVollzG im Wege der gerichtlichen Mediation gütlich beizulegen.
Was ist gerichtliche Mediation?
Gerichtliche Mediation ist ein Verfahren, in dem die Beteiligten von einem als Mediator besonders geschulten Richter darin unterstützt werden, ihren Konflikt selbständig zu lösen. Dem Mediator steht dabei keine Entscheidungskompetenz zu, d.h. er wird den Fall weder aktuell (im Verlauf des Mediationsverfahrens) entscheiden noch ggf. später (im Falle einer gescheiterten Mediation) für die streitige Entscheidung zuständig sein.
Seine Aufgabe beschränkt sich darauf, die Beteiligten im Rahmen eines Mediationsge-sprächs bei der Entwicklung sinnvoller und vollzugsadäquater Lösungen für die aufge-tretenen Probleme zu unterstützen. Dabei bedient er sich eines bestimmten Verfahrens, das die Kommunikation fördern und wieder Bewegung in einen festgefahrenen Konflikt bringen soll.
Der richterliche Mediator strukturiert den Dialog, sichert das gegenseitige Verständnis, arbeitet konsequent interessenorientiert und hält die wesentlichen Gesprächsinhalte (in Stichpunkten) schriftlich fest. Auf diese Weise soll eine konstruktive Gesprächsatmosphäre geschaffen werden, in der die Beteiligten fair miteinander umgehen. Die gerichtliche Mediation ist vertraulich und nicht öffentlich.
Wie läuft die gerichtliche Mediation in Strafvollzugssachen ab?
Die zuständige Strafvollstreckungskammer kann ein Verfahren nach den §§109ff StVollzG (Antrag auf gerichtliche Entscheidung) grundsätzlich jederzeit an die für Strafvollzugssachen zuständige Mediationsabteilung 405 abgeben, sobald die Verfahrensbeteiligten ihre Zustim-mung zur Durchführung einer gerichtlichen Mediation erklärt haben.
Voraussetzung für die Abgabe ist, dass
• es sich nicht um einen Eilantrag handelt, ferner (jedenfalls während der Pilotphase des Projektes):
• angefochten oder erstrebt eine Maßnahme der Teilanstalten lll oder V der JVA Tegel ist,
• der Antragsteller soweit der deutschen Sprache kundig ist, dass ein Dolmetscher nicht benötigt wird.
Voraussetzung für die Übernahme durch den richterlichen Mediator ist, dass sich der Konflikt nach dessen Einschätzung für die Mediation eignet. Gegebenenfalls findet dann ein Mediationsgespräch statt, wenn alle Konfliktbeteiligten (Medianten) mit der Teilnahme an der Mediation einverstanden sind. Ist dies nicht der Fall, kann eine Mediation leider nicht durchgeführt werden. Daraus ergibt sich auch, dass es kein (einklagbares) Recht auf eine gerichtliche Mediation geben kann.
Die Verweigerung der Zustimmung zur Durchführung oder Ablehnung der Teilnahme an der Mediation führt zu keinerlei Nachteilen; und zwar weder für die Antragsteller noch für die konfliktbeteiligten Mitarbeiter der Vollzugsbehörde.
Die richterlichen Mediatoren werden ausschließlich in solchen Verfahren tätig, für die sie nicht selbst als streitentscheidende Richter zuständig sind. Zur Vorbereitung auf das Mediationsgespräch werden sie die in die Mediationsabteilung abgegebenen und dort mit einem eigenen ME-Aktenzeichen versehenen Prozessakten einsehen. Das Mediationsgespräch wird möglichst kurzfristig in den dafür vorgesehenen Räumen der JVA Tegel/Teilanstalt V durchgeführt. Es soll im Regelfall nicht länger als 2 Stunden dauern und kann von jedem der Beteiligten – auch dem richterlichen Mediator – ohne rechtliche Nachteile vorzeitig beendet werden. Können sich die Beteiligten auf eine für alle Seiten akzeptable Lösung ihres Problems ver-ständigen, erarbeiten sie gemeinsam eine rechtsverbindliche Abschlussvereinbarung, die von dem gerichtlichen Mediator schriftlich festgehalten wird und erklären das bis dahin bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer ruhende streitige Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. Das streitige Verfahren kann aber auch aus anderen als den vorgenannten Gründen im Rahmen des Mediationsgesprächs durch Erklärung einer Erledigung der Hauptsache oder Rücknahme des Antrags auf gerichtliche Entscheidung beendet werden.
Kommt es bei dem Gespräch zu keiner Verständigung bzw. verfahrensabschließenden Erklärung, wird das normale streitige Verfahren bei der zuständigen Strafvollstreckungs-kammer fortgesetzt, ohne dass dort den Beteiligten daraus rechtliche Nachteile erwachsen. Insbesondere entstehen dadurch keine zusätzlichen Kosten. Der zuständige streitentschei-dende Richter wird auch weder über den Inhalt des Mediationsgesprächs noch über den Grund des Scheiterns unterrichtet.
Was ist anders als im streitigen gerichtlichen Verfahren?
Anders als im – regelmäßig ausschließlich schriftlichen – streitigen Verfahren bei der Straf-vollstreckungskammer stehen bei der Mediation die Beteiligten und das, was sie zu sagen haben, im Mittelpunkt des Geschehens. So können nicht nur die angefochtenen oder erstrebten Maßnahmen und deren tatsächliche Grundlagen, sondern auch die wirklichen Interessen und Bedürfnisse der Konfliktpartner zur Sprache kommen sowie angrenzende Probleme, die das Verhältnis zwischen den Beteiligten belasten und möglicherweise Gegenstand weiterer Verfahren (sei es auch bei anderen Institutionen und/oder Gerichten) sind.
Die Medianten bestimmen auch, ob und wenn ja wie der Konflikt ihren persönlichen Be-langen entsprechend und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gelöst werden soll, damit zwischen ihnen für die Zukunft eine tragfähige Beziehung erhalten oder (wieder) geschaffen werden kann.
Wird für die gerichtliche Mediation in Strafvollzugssachen ein Anwalt benötigt?
Hat der Antragsteller einen Verteidiger, ist es möglich, dass dieser ihn zum Mediationsge-spräch begleitet; Voraussetzung für die Durchführung des Gesprächs und die Berücksichti-gung des geltenden Rechts ist dies aber nicht. Die richterlichen Mediatoren erteilen den Beteiligten allerdings keinen Rechtsrat.
An wen kann ich mich wenden, wenn ich weitere Fragen habe?
Für weitere Informationen steht Ihnen die Geschäftsstelle der Mediationsabteilung 405, Tel.: 030/9014, sowie die Projektleiterin, Richterin am Landgericht Vogt, Tel.: 030/90142617, zur Verfügung.
Hinterlasse einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar schreiben zu können.