In einem Training wurde ich einmal belehrt, dass der Mediator zu beschwichtigen habe. Dann fällt mir auf, dass viele Mediatoren versuchen, die Dinge schön zu reden. Ist das wirklich zielführend? Nehmen wir die Supervision als Beispiel. Supervisoren lernen, zunächst das Lob herauszustellen und dann die Kritik zu äußern. Beim ersten Mal und wenn man es nicht weiß, ist das nett und hat auch seine Wirkung. Beim zweiten und dritten Mal und in Kenntnis der Regel neigt man dazu, das Lob zu überhören und denkt sich: „Hör doch auf mit dem blöden Gerede und sag schon was Dir nicht gefallen hat“. Worte allein und die Anwendung von Techniken und Regeln nutzen nicht auf Dauer, wenn man nicht dahinter steht.
Ich hatte letztens ein sehr spannendes Gespräch mit einem GfK-ler. Er wies mich auf die „Restaurative Circles“ hin, die eine Konfliktverwandlung auf gleicher Augenhöhe nach Dominic Barter/Brasilien beschreibt. Dabei geht es um ein der Mediation angelehntes Vorgehen, jedoch ohne einen Mediator. Auf den wird aus Kostengründen verzichtet. Das Konzept findet natürlich das Interesse von jedem IM’ler. Aber darum geht es hier gar nicht. Ich war überrascht zu hören, wie mein Gesprächspartner, selbst ein Ausbildet für gewaltfreie Kommunikation mir berichtete, dass man in den Zirkeln zwar paraphrasiert, dabei aber keine positive Umformulierungen benutzt. Die Technik entspricht dem Disput, wie wir ihn in unseren Kursen lehren. Ohne eine positive Umformulierung und ohne das heraushören der Ich-Botschaften klingt die Wiederholung des vom Gegner gehörten dann etwa so: „Ich habe gehört dass Du mich einen idioten nennst. Du führst an, ich sollte nicht so viel dummes Zeug reden. Ich sehe das anders …“. Mein GfK-Gesprächspartner zeigte sich überrascht, dass diese Art der Kommunikation – durchaus gewaltvoll – auch zu einer Lösung führt. Er sagte mir wie schwer es ihm als GfK’ler falle, diese Technik anzuwenden, weil er immer versucht sei, die Ich-Botschaften herauszustellen und die positiven Botschaften nach GfK Manier zurückzumelden.
Offenbar kommt es doch nicht so sehr darauf an was wir sagen und wie wir Techniken anwenden. Wenn ich ehrlich sage, was ich über Andere denke, kann das genauso akzeptiert werden wie es nicht akzeptiert wird, wenn das Schöngeredete eben nur Gerede ist. Damit sind wir wieder beim Thema Haltung und innere Einstellung. Irgendwie scheint sich diese innere Seite den Menschen zu vermitteln, mehr als Sprache, Wortwahl und Rhetorik. Authentizität heisst das Schlüsselwort. Akzeptiere ich den anderen Menschen, dann kommt das unabhängig von der Sprachwahl genauso rüber wie sich mein Desinteresse trotz schöner Worte vermittelt und Wirkung zeigt.
Salut und einen guten Tag,
lieber Arthur, so einfach ist es nicht. Der von Dir angeführte Satz ist bereits eine Umformulierung.
Der ursprüngliche Satz lautet: Du bist ein Idiot, du bist ein Schwätzer!
Es ist die Ebene der Emotion und der negativen Bewertung.
Der oben angeführte Satz nimmt die Aussage weg von der Emotion und weg von der persönlichen negativen Bewertung auf die Sachebene: Ich höre …., du führst an …..
d.h. hier wird das rausgenommen was wir die negative Dynamik der Kommunikation nennen – ist ja in jedem Konflikt ein dynamisches Element. Dies ist in meinem Sinne schon eine „positive Umformulierung“. Du merkst ich sehe den Begriff weiter. Für mich ist nicht eine „positive Umformulierung“ wenn ich was negativ gesagtes direkt positiv umformuliere wiw: Die ganze Situation ist verfahren. – Sie sehen momentan keinen Ausweg und sie wünschen sich mehr Klarheit.
Andererseits kann ich doch nicht die Aussage eines „betrogenen Ehegatten“ positiv umformulieren wenn es heißt: Er hat mich betrogen, hintergangen und belogen. Dann kann ich nur umformulieren: Sie fühlen sich von ihrer Frau betrogen …. , d.h. ich werfe den Blick auf die Person selbst. In der Trennungsmediation ist es unbedingt erforderlich die negative Dynamik der Kommunikation, die negativen Gefühle stehen zu lassen. Mediation ist hier ein „Trennungsprozess“ da geht es in der Klärungsphase nicht um Harmonie und positivem Umformulieren, das würde der emotionalen Situation der Betroffenen in vielen Fällen erst gar nicht entsprechen. Darum geht es hier mehr darum die negativen Aussagen zu versachlichen und die negative Bewertung des anderen als eine eigene Sichtweise und nicht als „Merkmal“ des anderen (Lügner, Betrüger,) stehen zu lassen.
Erst im Verlauf der Mediation ergeben sich später Situationen in denen die positive Umformulierung zu neuen Perspektiven und einem positiveren Prozess führt.
Was die Haltung betrifft sehe ich es genau so. Hier bleibt immer noch die Diskussion -kann Haltung in der Mediationsausbildung „gelehrt und gelernt“ werden und wie ist dies zu tun?
beste Grüsse
ali