Was macht ein Indianer, wenn er entdeckt dass er ein totes Pferd reitet?
Die Frage ist ein alter Hut, aber sie hat Esprit und soll deshalb in unserer Abteilung Feinsinniges für Mediatoren nicht fehlen. Es handelt sich um eine Indianerweisheit. Sie ist ebenso wie die anderen Lösungsvorschläge hier im Web zu finden. Hat sie etwas mit Mediation zu tun? Vielleicht können Sie diese Weisheit in einer Mediation verwenden, um Positionen aufzulösen? Vielleicht hilft sie Ihnen aber auch zu eigenen Erkenntnissen. Aber seien Sie vorsichtig mit vorschnellen Schlußfolgerungen.
Bei den folgenden Vorschlägen sind Ähnlichkeiten mit existierenden Fällen natürlich rein zufällig und nicht beabsichtigt:
- Sie besorgen eine stärkere Peitsche, um das tote Pferd besser antreiben zu können.
- Sie wechseln die Reiter, um diese Fehlerquelle auszuschließen.
- Sie sagen: „So haben wir das Pferd doch immer geritten.“
- Sie gründen einen Arbeitskreis, um das Pferd zu analysieren.
- Sie fordern ein Gesetz, dass tote Pferde besser reiten sollen.
- Sie schicken das Pferd gegen seinen Willen in eine Mediation.
- Sie besuchen andere Orte, um zu sehen, wie man dort tote Pferde reitet.
- Sie führen Qualitätsstandards ein für den Beritt toter Pferde.
- Sie fordern, dass auch alle anderen Reiter nur noch tote Pferde reiten dürfen.
- Sie stellen sich einer Supervision, um eigene Fehlerquellen ausschließen.
- Sie bilden eine Task Force, um das tote Pferd wiederzubeleben.
- Sie schieben eine Trainingseinheit ein, um besser reiten zu lernen.
- Danach veranstalten Sie eine Konferenz über das Reiten toter Pferde.
- Sie stellen Vergleiche unterschiedlich toter Pferde an.
- Sie ändern die Kriterien, die besagen, ob ein Pferd tot ist.
- Sie entschließen sich, nur noch zertifizierte Reiter für tote Pferde zu beschäftigen.
- Sie schaffen sich mehrere tote Pferde an, damit sie zusammen schneller werden.
- Sie erklären: „Kein Pferd kann so tot sein, dass man es nicht noch reiten könnte.“
- Sie machen zusätzliche Mittel locker, um die Leistung des Pferdes zu erhöhen.
- Sie gründen einen Verein zum Schutz der lebenden Pferde, um deren Beritt zu verhindern.
- Sie machen eine Studie, um zu sehen, ob es billigere Reiter gibt.
- Sie besorgen dem toten Pferd Medikamente, damit es schneller laufen kann.
- Sie erklären, dass unser Pferd „besser, schneller und billiger“ tot ist.
- Sie bilden einen Qualitätszirkel, um eine Verwendung für tote Pferde zu finden.
- Sie überarbeiten die Leistungsbedingungen für Pferde.
- Sie richten eine unabhängige Kostenstelle für tote Pferde ein.
- Sie fordern höhere Strafen für die Reiter von nicht toten Pferden.
- Sie suchen einen Sündenbock der dann schließlich für den Tod des Pferdes zur Rechenschaft zu ziehen ist.
Das Indianersprichwort, eine Weisheit der Dakota Indianer, pflegte zu sagen:
Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab.
Es ist oft die falsche Strategie etwas zu erzwingen, das sich nicht erzwingen lässt. Manchmal ist es auch die falsche Strategie jemanden zu etwas zu zwingen, das ihm widerstrebt. Manchmal ist es besser, die Dinge zu akzeptieren wie sie sind. Aber wie sind sie und wer bestimmt wie sie zu sein haben? Das Pferd oder der Reiter oder müssen beide sich auf die Todesursache gemeinsam festlegen? Die Indianerweisheit sagt leider nur, dass es keinen Sinn macht ein totes Pferd zu Tode zu reiten. Es sagt nicht, wo man ein lebendiges Pferd findet, um weiterreiten zu können. Und bevor man gar nicht mehr reitet ist es vielleicht doch besser ….
… nur nützt der gute Reitlehrer, wenn man ihn denn gefunden hat, nichts, wenn das Pferd tot ist!
…. sich zu überlegen, wo man einen guten Reitlehrer finden kann.
Trotzdem ist in beiden Ziateten der Aspekt des „Entdeckens / Erkennens“ drin; es heißt ja nicht „reite kein totes Pferd“ oder „steig vom sterbenden Pferd ab“;
interessant finde ich übrigens die „westliche“ Wertung („Ratte“), die hier (vielleicht?) im Zusammenhang steht: „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff“. Die wollen eben kein totes Pferd reiten / totgeweihtes Schiff bevölkern. Heißt, ein „totes Pferd“ erkennt man daran, dass die Ratten das Weite suchen, also andere diese Strategie „verlassen“. Vielleicht passt auch Nr. 36 der bekannten 36 Strategeme aus China: „Weglaufen ist die Beste Methode“, das gerne interpretiert wird: Rechtzeitiges Weglaufen ist bei sich abzeichnender Aussichtslosigkeit das Beste. (Wikipedia).
Ist die Frage: kann der Mediator Parteien dabei helfen, zu erkennen, dass das Pferd tot ist / stirbt? Vielleicht erschießt man als Anwalt auch manchmal ein Pferd?
Woanders wurde die Weisheit – wie ich vermute authentischer, zumindest logischer – wie folgt zitiert:
„Steig vom Pferd, wenn du merkst, dass es unter dir stirbt.“
Ein totes Pferd kann man ja gar nicht reiten. Das müsste auch ein Indianer bemerken können. Deshalb denke ich dieses Zitat hört sich eher als eine Weisheit an. Das gibt dann auch nochmal einen anderen Sinn. Es könnte gemeint sein, das Pferd zu schonen, weil man es ja vielleicht nochmal gebrauchen will oder vielleicht einfach nur aus Respekt vor dem Lebewesen
(Fundstelle http://www.welt-der-indianer.de/verschiedenes/weisheiten.html).
Dieses Missverständnis hatte ich mit der Metapher auch zunächst; es wird klarer, wenn man sich vor Augen führt, dass das Pferd nicht aus Selbstzweck geritten wird, sondern die Aufgabe hat, \den Indianer\ von A nach B zu bringen, mithin an das Ziel. Wenn das Pferd tot ist, ist es dazu nicht in der Lage.
Sieht man sich den Satz genau an, so entdeckt man auch, dass der Bedeutungsschwerpunkt wohl nicht auf dem Umstand liegt, dass das Pferd tot ist, sondern auf dem Aspekt der Erkenntnis.
Letztlich steckt hier dann doch der Rat drin, dass wenn man positiv weiß, \entdeckt hat\, dass man nicht weiterkommt, dass man dann konsequent sein soll. Weniger, wie man entdeckt, dass das Pferd tot ist, dazu wird nichts gesagt; vielleicht ist es manchmal tatsächlich so banal, wie auf einem toten Pferd zu sitzen. Wenn man also sieht, etwas funktioniert nicht, muss man was anderes versuchen. Simple but not easy.
Am Besten ist vielleicht, man hat ein Pferd B.
Genau das ist die Frage. Vielleicht sollte ich klarstellen, dass das tote Pferd nicht der Gegenstand ist mit dem wir es zu tun haben. Es geht um die Strategie, wie wir mit dem Gegenstand umzugehen haben. Nicht dass Manche glauben, die Mediation sei das tote Pferd. Wenn wir unsere Strategie nicht ändern, kann sie aber ein tots Pferd werden und die Frage ist, ob wir das rechtzeitig bemerken.
Diese nette Geschichte (die leider zu wahr ist, um schön zu sein…) bringt mich auf die Frage, ob die Mediation – also jedenfalls DIE ursprüngliche Mediation, die mal danach trachtete, Menschen zu helfen, selbstbestimmt und auf Augenhöhe ihre Konflikte gut zu lösen, und nicht der parajustizielle Kunstberuf, über den man heutzutage allerorten lesen und stolpern muss – vielleicht auch ein totes Pferd ist? Und welche der genannten „Strategien“ wohl die sie reitenden Mediationsverbände bevorzugen???
– Wer Ohren hat, der höre!