9. Mediationstag in Bonn-Bad Godesberg am 26.11.2011
Ich, Brigitte Komescher, war Gast dieser Veranstaltung und möchte kurz all denen, die nicht anwesend sein konnten, meine Eindrücke schildern. Es war ein anregender Tag. Freundliche und motivierte Menschen trafen sich in ansprechenden und großzügigen Räumen der VHS zu einem umfassenden Austausch. In einem der Workshops erläuterte Frau Sabine Mühlisch unterschiedlichste Facetten der Körpersprache.
Beispielsweise beschrieb sie eindrucksvoll, dass die ‚überkreuzten Arme‘ vor dem Brustkorb keineswegs Ausdruck einer grundlegenden Ablehnung sein müssen, so wie dies gern interpretiert wird. Es ist gleichfalls denkbar, dass sich die uneingeschränkte Wertschätzung des Zuhörers i.e. seine ‚persönliche Zurückhaltung‘ und ‚gezielte Aufmerksamkeit‘ gerade durch diese Haltung dokumentiert…..
Fazit:
Die grundsätzliche Wahrnehmung der Körpersprache ist nach wie vor sehr wichtig. Die sich daraus ergebenden Hypothesen sind zwingend auf Perspektivwechsel angewiesen!
In einem anderen Workshop folgte Iris Berger den ‚Pfaden der Gerechtigkeit‘. Iris Berger stellte, obschon – oder gerade weil – sie nicht nur Mediatorin, sondern auch Rechtsanwältin ist, sehr deutlich heraus, dass es zwischen den Streitparteien mehr zu integrieren gibt, als in Schriftsätzen erfassbar ist. Insbesondere im Familienstreit geht es um tief empfundene Verletzungen, um die bisher prägende, eigene Familienkultur , vermutlich sogar um ‚ungeschriebene Gesetze‘ – kurzum: es geht sehr stark um individuelle Werte! Zu erarbeitende Lösungen gehen einher mit einer bewussten Klärung des bisherigen Werteverständnisses und der Gestaltung einer neuen Werte-Balance für die Beteiligten. Iris Berger verdeutlichte die Brisanz an eindrucksvollen Beispielen. Innerhalb und außerhalb des Workshops fanden angeregte Diskussionen statt. Werte sind in der Steuererklärung nachgewiesen, oder? Was ist denn überhaupt ein zu berücksichtigender Wert? Das neue Auto? Die jährliche Fernreise? Sollte es zumutbar sein, das Konzert Abo in die Waagschale zu werfen? Kinderbetreuung her und hin – ist auch hier ihre Qualität ein Wert?
Fazit:
die Bedeutung der Beachtung der Werte wurde überdeutlich. Die Sinnhaftigkeit
des dienstleistenden Mediators ebenfalls. Was bleibt ist die Anforderung an den Mediator, sein eigenes Wertebewusstsein bereits in der Ausbildung detailliert zu reflektieren und es stets im Auge zu behalten, damit Allparteilichkeit und Akzeptanz des Andersseins individuelle Lösungen ermöglichen.
Dr. Heinz Pilartz stellte in seinem Workshop Mediation als Lotse bei Gesundheitsfragen vor. In seinen Ausführungen verwies Dr. Pilartz auf alltägliche Situationen, die den Teilnehmenden aus ihrem persönlichen Umfeld bekannt sind. Es geht beispielsweise um Klärungsgespräche mit Eltern bzw. mit oder nur zwischen Kindern, falls eine umfassende Pflege eines Angehörigen nötig wird. Und v.m. Etliche Beispiele wurden durch kräftiges Kopfnicken begleitet und der folgende Gedankenaustausch war Ausdruck der ungeteilten Zustimmung. Eine Intensivierung der diesbezüglichen Aktivitäten ist vorgesehen.
Fazit:
Mediation ist auch in Lebensbereichen, die eher unsere Tabu-Themen
sind – Krankheit und Sterben – entlastend einsetzbar. Mediation in diese Lebensphasen zu integrieren, erfordert eine gewisse Klarheit, Empathie und Sensibilität – zeigt jedoch eindrucksvoll, welchen Wert Mediation haben kann.
Last but not least:
Am Ende der Veranstaltung wurde von einer Dame beklagt,
dass die Workshops zeitgleich stattfanden und es unmöglich
war, alle Angebote zu nutzen. Zugegeben, auf der einen Seite ist dies bedauerlich.
Auf der anderen Seite drängt sich mir die Frage auf: ist genau das ein Teil des
Themas? Konfliktentstehung ist stets mit Entscheidungen verbunden: wir trafen sie zu früh, zu spät, zu rigide, zu lasch, zu unklar, zu eigenmächtig und und und …..
Die Entscheidung als Qual der Wahl setzt voraus, wir haben uns selbst befragt und dann entschieden. Unsere eigene, mediative Stimme wird’s gut gerichtet haben.
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