Wer glaubt, Mediation sei eine neuzeitliche Erfindung der Gegenwart, der irrt. Mediation ist auch keine Erfindung der Amerikaner, auch wenn sie der Mediation zu neuem Leben und Bewusstsein verholfen haben. Sowohl die Kompetenz, wie auch das Bedürfnis nach Streitschlichtung ist – wie jetzt eine (weitere) Forschung belegt sogar noch nicht einmal eine menschliche Erfindung. Auch die Affen haben so etwas wie Polizisten und auch Streitschlichter.
Die Streitschlichtung ist eine Institution zur Sicherung des sozialen Zusammenlebens. Das scheinbar altruistische hat also eine ganz egoistische Bedeutung – wenn man auf die Bedürfnisse der Gruppe und somit auch des Einzelnen sieht. Streit beeinträchtigt das Leben der Anderen in einer Gruppe. Streit kostet nicht nur den Streitparteien Geld, sondern auch der Allgemeinheit. Denken wir nur an die Arbeitslosigkeit, die im Zusammenhang mit einer unglücklich verlaufenden Scheidung einher geht. Was die Individuen nicht schaffen, muss die Allgemeinheit ausbaden.
Wie Tiere mit Konflikten umgehen, ist mitunter vorbildlich und wir Menschen können davon lernen. Dass ein friedliches Zusammenleben ohne weiteres möglich ist, beweisen schon unsere nächsten tierischen Verwandten, die Bonobo Äffchen. Wenn sie sich um Futter streiten, dann müssen sie nicht darum kämpfen. Sie machen Liebe statt dessen, jeder mit jedem und klären auf diesem Weg die Rangordnung. Danach wird brüderlich geteilt. Jetzt hat man festgestellt, dass auch Schimpansen über so etwas wie Polizisten und Streitschlichter verfügen. Züricher Forscher stellten fest, dass bei den Affen im Falle eines Streites ein Alphatier im wahrsten Sinne des Wortes sich zwischen die streitenden Primaten stellt. Interessanter Weise weist ein Artikel der Financial Times Deutschland auf das Phänomen hin.. Dort wird ausgeführt:
„… Die Anthropologen Carel van Schaik und Claudia Rudolf von Rohr haben das natürliche Verhalten von elf Schimpansen in Gossau in der Schweiz beobachtet, ohne Konfliktsituationen zu provozieren. Die Weibchen streiten vor allem um Futter, die Männchen dagegen um die Aufmerksamkeit der Affendamen. Als Schlichter wurde stets nur eines der beiden Alphamännchen aktiv. Bei 69 von 438 Konfliktsituationen habe sich ein Leittier als unparteiischer Vermittler eingemischt. Oft habe es genügt, wenn sich das jeweilige Männchen den Streithähnen genähert habe. In einigen Fällen habe der „Chef“ beiden Affen aktiv gedroht oder sich dazwischen gestellt. Fast alle Schlichtungen seien erfolgreich gewesen. …“
Was lernen wir?
- Als Schlichter stehen Alphatiere zur Verfügung
- Die Tiere engagieren sich ohne einen persönlichen Vorteil zu haben
- Es gibt zwar unterschiedliche aber typische Anlässe, die den Streit auslösen
- Streitschlichtung ist keine kulturelle Errungenschaft, sie ist eine soziale Notwendigkeit
- Macht ist ein (tierisches) Element der Streitschlichtung
- Der Schlichter bekommt auch manchmal Prügel.
Bemerkenswert ist beispielsweise, dass es so etwas wie Hilfsbereitschaft auch bei den Schimpansen gibt. Die Tiere sind ebenso in der Lage, Wünsche ihrer Artgeneossen zu erkennen und zu befriedigen – und sie können ihnen Unterstützung anbieten.
Ist das nicht sehr menschlich oder sind wir sehr tierisch?
Zitat:
„Als Schlichter wurde stets nur eines der beiden Alphamännchen aktiv“.
Heißt das im übertragenen Sinne dann, dass die Eigenschaft „Alphamännchen“ zu sein Voraussetzung ist.
Es gibt dann doch einen wesentlichen Unterschied. In der Mediation zwischen Menschen sind auch weibliche Mediatorinnen sehr erfolgreich.
Gut beobachtet. Es gibt noch einen Unterschied. Die Affenmediation ist ehrenamtlich 😉