Üblicherweise bedient sich das Gerichtsverfahren konfrontativer Strategien. Man kann auch sagen, dass die Streitparteien das Gerichtsverfahren benutzen, um konfrontativ gegeneinander zu streiten. Diese Art des Streitens sind wir gewohnt. Ich muss den Gegner vernichten, damit ich siegen kann. Diese Philosophie steckt tief in uns, so tief, dass sich sogar das Helfersystem für die Kriegsführung benutzten lässt. Ohne einen äusseren Anlass wollen wir uns nicht so gerne von dem vermeintlichen Erfolgsrezept entfernen. Vernichtung ist die sicherste Methode der Konfliktaustragung. Warum sollte ich nachgeben, wenn ich dadurch meinen Sieg in Frage stelle?
Ganz nüchtern betrachtet muss ich sagen: Das weiß ich auch nicht. Auch wenn es mir aus philosophischen Gründen nicht so gut gefällt, ist es ein Fakt. Wenn der Gegner vernichtet ist, kann er mir nicht mehr schaden.
Allerdings gilt die Regel nicht immer und überall. Oft rächt sich das Schicksal auf irgendeine Weise. In Familienstreitigkeiten wird die Rache im Zeitablauf deutlich. Das belegen die folgenden Beispiele:
- Dem Ehemann gelingt es durch einen besonders „scharfen“ Anwalt, die Unterhaltsverbindlichkeiten auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Bei der nächsten Chance auf Unterhaltsabänderung wechselt die Ehefrau zu einem noch „schärferen“ Anwalt. Und so weiter.
- Die Ehefrau verweigert dem Vater den Umgang mit dem Kind. Dieser reagiert mit einer Verweigerung der finanziellen Unterstützung
- Der Ehemann beansprucht das Sorgerecht. Die Ehefrau reagiert mit Umgangsverweigerung
Die Liste an Beipielen lässt sich beliebig fortsetzen. Stets führt sie in den Nachweis, dass bei Familienkonflikten die Herstellung eines Einvernehmens die beste Herangehensweise ist.
Was spricht dagegen, das Einvernehmen auch im Gerichtsverfahren herzustellen?
Grundsätzlich ist das Gerichtsverfahren zwar konfrontativ ausgelegt. Wo aber steht, dass es nicht auch zu einem kooperativen, konsensualen Ergebnis führen könnte?
In einem kleinen Amtsgericht im Westerwald war die Suche nach konstruktiven Lösungen innerhalb des Gerichtsverfahrens zum Leitmotiv der juristischen Aufgabenstellung geworden. Hier sollte es nicht mehr so sehr darauf ankommen, ein juristisches Ergebnis zu erstreiten, als eine konstruktive Konfliktlösung zu finden. Das Altenkirchener Modell gilt heute als der Prototyp der integrierten Mediation. In den meisten Fällen war es gelungen, sowohl die Prinzipien der Mediation (Eigenverantwortlichkeit, Freiwilligkeit, Fairness, Offenheit), wie auch die Methoden (Kognitionslogik, Window I und II) und Techniken der Mediation (aktives Zuhören, Spiegeln, …) zur Anwendung zu bringen.
Das Altenkirchener Modell wurde zusammen mit der Cochemer Praxis zum Ausgangspunkt des Justizprojektes in Koblenz und wird zusammen mit diesem näher beschrieben. Siehe
[…] das man sich seinerzeit für die Mediation zurechtlegen wollte. Die Protagonisten der später als Altenkirchner Modell bezeichneten Praxis wollten genau wissen, wo die Grenze liegt zwischen der Mediation als Verfahren, […]
[…] Der Antrag scheint zu kurz gedacht, sowohl was das Pflichtmodell wie die Pflichtmediation anbelangt. Es sollte den Eltern vorbehalten bleiben, von denen allerdings eine Einigung zu erwarten ist (siehe Altenkirchener Modell). […]