Verträgt sich Mediation mit Politik?
Aus der spontanen Sicht des Mediators würde er die Frage: „Verträgt sich die Mediation mit der Politik?“ mit der Gegenfrage beantworten: „Warum nicht?“. Bei genauem Hinschauen tauchen jedoch Fragen auf, die ein „Nein, Politik verträgt sich nicht mit Mediation, zumindest nicht im Moment.“ nahe legen könnten. Zugegeben einige Politiker scheinen sehr interessiert zu sein an der Mediation; wenigstens die, die sich mit der Justiz auseinanderzusetzen haben. Politiker überlegen sich, wie man streitende Menschen in die Mediation zwingen kann (Stichwort „mandatory Mediation“).
Motive und Ziele des Gesetzgebers
Von einer verbesserten Streitkultur ist die Rede und davon, dass man die Mediation stärken wolle. Als Ziel wurde u.a. die Umsetzung der EU Direktive genannt. Schaut man auf das Ergebnis, wurde nicht mehr umgesetzt, als ohnehin geregelt war in unserem Recht. Auch die Motive sind nicht ganz klar. Was meint der Gesetzgeber, wenn er davon spricht die Mediation stärken zu wollen? Soll die Mediation der Nutznießer sein oder die Menschen die sie anwenden? Stärkt es die Mediation, wenn wir jetzt (Stand 2012) bereits 50.000 Mediatoren haben, von denen nur ein kleiner Bruchteil die Mediation professionell anbieten kann? Stärkt es die Mediation, wenn die Konkurrenz unter den Mediatioren zunimmt? Stärkt es die Mediation, wenn das Gesetz schon hinsichtlich seiner Anwendbarkeit unklar ist? Was der Gesetzgeber erreicht hat ist, dass die Mediation heute besser bekannt geworden ist. Was er auch erreicht hat ist, dass Viele Mediation dem Markt opfern, weshalb die IM schon den Begriff der „sondierenden Mediation“ eingeführt hat, um solche (eigentlich nicht der Mediation zu unterwerfenden) Fälle von der Mediation abgrenzen zu können?
Das Streitsytem
Es scheint so zu sein, dass unser System den Streit vorgibt. Speziell die Politiker demonstrieren ihre Streitlust so sehr, dass sogar die Wahlwerbung zu einem Kampf deklariert wird. Wer kämpft da eigentlich gegen wen?
Würden Politiker die (integrierte) Mediation selbst anwenden, dann würden die Wahlparolen, die politische Meinungsbildung, das Verständnis von Demokratie und der Umgang miteinander sicherlich ein anderer sein. Aber will man das denn überhaupt?
Es ist leicht von Anderen etwas zu verlangen, was man selbst nicht von sich verlangen würde. Die Mediation braucht Vorbilder. Findet man solche unter den Politikern? Die Politik kommuniziert auf verschiedenen Ebenen mit dem Bürger. Ein Mediator ist darin geübt, die Kommunikation und die dahinter liegende Bedeutung zu erfassen und zu erfragen. Ein Mediator erkennt wie gering der Informationsgehalt von Nachrichten ist. Wie Nachrichten mit Meinungen verwechselt werden und wie diese gefärbt sind. Längst geht es nicht mehr darum, Meinungen zu bilden. Die politischen Debatten dienen mehr und mehr dazu, längst gebildete Meinungen zu verkaufen oder fehlende Meinungen zu übertünchen. So gesehen werden es die Politiker schwieriger haben, wenn alle Bürger Mediatoren sind. Die Welt würde dann anders funktionieren.
So viel steht fest. Politik ist auch eine Form der Kommunikation. Was will sie uns sagen? Was sagt uns beispielsweise ein Mediationsgesetz, das zwar als ein Meilenstein bezeichnet wird und nicht mehr regelt als ohnehin erlaubt war. Was sagt uns die Politik, die noch mehr Konkurrenz unter den Mediatoren schafft, statt diese abzuwenden? Was sagen uns die Funktionäre der Mediation, die lieber konfrontieren als zu kooperieren? Was sagt es uns, wenn man die Streitkultur verbessern will statt der Friedenskultur?
Mediation ist ein autonomes Verfahren autonomer Parteien. Die Eigenständigkeit der Konfliktlösung steht im Vordergrund. Die Mediation wird als eine Unterstützung des demokratischen Denkens gesehen, weil sie den Staat zurücktreten lässt und die Verantwortung des Bürgers exponiert. Sie soll die Streitkultur verbessern. Das Mediationsgesetz wird als ein Meilenstein in unserem Rechtssystem gesehen.Diese Thesen sind sicherlich nicht falsch. Sie bedürfen jedoch einer Reflexion, damit die Bedeutung der Mediation und ihre Kompetenz nicht falsch eingeschätzt wird.
Der Rechtsstaat
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Die Demokratie
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Die Autonomie
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Die Kommunikation
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