Angeblich sind alles echte Fälle einer Weihnachtsmediation und wahre Begebenheiten. In diesem Jahr stehen die beiden Mediatoren vor einer besonderen Herausforderung. Sie spüren, dass sie ihr Monopol als Weihnachtsmediatoren verlieren. Ausgerechnet St. Nikolaus kopiert ihr Konzept. Wie gehen Medi & Ator mit einem so raffinierten Konkurrenten um? Finden sie den mediativen Weg oder rufen sie die Mafia der Weihnachtsmediatoren?
Die Mafia der Weihnachtsmediatoren
„Hast Du das gesehen?“, fragt Medi ihren geschätzten Kollegen. „Was?“, antwortet Ator schroff. Ator war mit seinen Gedanken ganz woanders. Er dachte daran, wie er in diesem Jahr die Weihnachtsmediation bewerben soll. Ein wichtiges Thema, gerade weil die Nachfrage nach Mediation durchaus gestiegen ist. Ator führt das Kundeninteresse auf die Angebotshäufung zurück, die er wiederum dem Mediationsgesetz zuschreibt. Nein, nein, nicht seinen Regelungen aber den daran geknüpften Erwartungen. Die Regelungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung sind in keiner Weise homogen. Sie machen es dem Verbraucher schwer und geben dem Anbieter in all ihrer Widersprüchlichkeit einen Gestaltungsspielraum, der eher einen Anlass zum Streiten als zur Klärung gibt.
Medis Zuruf „MerryMed“ reißt Ator abrupt aus seinen Gedanken. Er sieht, wie Medi nervös mit dem Finger auf eine Zeitungsannonce pocht. Ator spürt ihre Wut. Natürlich hat er keine Ahnung, was MerryMed bedeutet. Er findet sich witzig, indem er Medi fragt: „Ist das nicht normal, wenn Du an Weihnachten Post von Schwester Maria bekommst?“. Medi fand das überhaupt nicht witzig. „Das hat nichts mit Mary der Krankenschwester zu tun“, erklärt sie gereizt. „Merry heißt fröhlich und Med steht nicht etwa für Medizin, sondern für Mediation. Es bedeutet Merry Mediation anstatt Merry X-Mas, verstehst Du das? Da kopiert einer UNSERE Weihnachtsmediation!“, schreit sie Ator an.
Erst als er die Konkurrenzlage erkennt, platzt es aus ihm heraus: „Fröhliche Mediation – Was ist denn das für ein Quatsch!?!“. „Lies mal weiter!“, befiehlt Medi: „Da steht: ‚Weihnachten das Fest der Liebe muss keine Enttäuschung sein. Kommen Sie zu mir, ich rette Sie. Ich bin zertifizierter Weihnachtsmediator (MyMe) und Anwalt, was für Sie den Vorteil hat, dass Sie weder einen Anwalt noch den Weihnachtsmann bemühen müssen, wenn es zum Streit kommt’, ist das nicht die Höhe?“. Medi regt sich fürchterlich auf. „Man müsste solche Dilettanten abmahnen. Die vernichten eine ganze Branche. Da muss man einen Riegel vorschieben. Die brauchen ein Berufsverbot. Denen muss man die Lizenz entziehen!!!“. Medi kann sich kaum beruhigen, so sehr erregt sie sich. Ator geht es nicht viel besser. Resigniert fügt er hinzu: „Lizenzen gibt es nicht für Mediatoren, zumindest keine gesetzlichen“.
„Ist der zertifizierte Mediator etwa kein gesetzlicher Titel?“, fragt Medi leicht gereizt. „Das ist ein Selbstzertifikat“, belehrt Ator sie. „Lies mal § 5 Abs. 2 MediationsG genau. Die ZMediatAusbV regelt die Voraussetzungen, nicht das Verfahren. Ein Verfahren gibt es nicht. Das muss kein Fehler sein für eine Dienstleistung, bei der Grundsätze wie die Eigenverantwortung und die Informiertheit im Mittelpunkt stehen. Allerdings gibt es über die Zertifizierung verschiedene Ansichten. Leider werden die nicht aufeinander abgestimmt. Alles was im Moment diskutiert wird, erscheint ebenso konzeptlos wie unausgewogen. Allerdings interessiert das niemanden, solange es möglich ist, die eigenen Claims zu stecken. So kommt es einem wenigstens vor“. „Mit Mediation hat das nichts zu tun“, sagt Medi. „Das ist Mediationspolitik!“, belehrt Ator sie und fügt hinzu: „Mal ehrlich, würdest Du so einem zertifizierten Mediator in Kenntnis der sich aus der ZMediatAusbV ergebenden Qualifikation – egal ob mit oder ohne Akkreditierung – etwa eine Weihnachtsmediation anvertrauen?“. Ators Frage war natürlich rein rhetorisch. Abgesehen davon, dass Inhalte, die über allgemeine Grundlagen hinausgehen, in der ZMediatAusbV nicht vorkommen, würde Medi ohnehin keinem anderen Mediator eine Mediation zutrauen. Ja, ok, Ator vielleicht. Von Kollegen weiß sie, dass Mediatoren den Titel lediglich aus der Logik des Gefangenendilemmas heraus verwenden, nicht etwa weil sie stolz darauf sind oder glauben, dass der zertifizierte Mediator tatsächlich ein Gütesiegel sei. Ihnen kommt es lediglich darauf an, sich mit staatlichen Weihen beim Kunden in Szene zu setzen.
Der Mitbewerber
Bezüglich MerryMed fällt das Expertenvotum von Medi & Ator ganz eindeutig aus. Medi bringt es auf den Punkt: „Das hat doch nichts mit Mediation zu tun! Das ist Betrug!! Du weißt genau, dass es keinen zertifizierten Weihnachtsmediator gibt!!! Und ein Anwalt darf nicht beraten, wenn er als Mediator auftritt!!!!“. Ator kann die zunehmende Zahl der Ausrufezeichen aus dem Tonfall heraushören. Einlenkend stellt er klar: „Der Titel ist tatsächlich nicht zulässig, zumindest noch nicht. Der Beratungsbedarf durch einen Anwalt wird ebenfalls nicht verdrängt. Trotzdem darf der Mediator aber rechtlich beraten, zumindest, wenn er weiß, wann und wie. Er muss sogar beraten, soweit das Verfahren betroffen ist. Als Anwaltsmediator darf er wie ein Notar beraten, damit die gefundene Lösung rechtlich korrekt umgesetzt wird. Da könntest Du als Nichtanwältin ein Problem bekommen“. „Aber dann sind doch die Anwälte vom Gesetzgeber bevorzugt!!!!!“, regt sich Medi weiter auf und fügt noch ein tonales Ausrufezeichen hinzu. „Das wird ja immer schlimmer!“, schreit sie Ator an, der ja nun wirklich nichts dafürkann.
Überraschender Weise bleibt Ator jedoch relativ gelassen. Er hat sich mit dem Problem ja schon seit langem beschäftigt und irgendwie abgefunden. „Ja, es ist so“, weiß er. „Demokratie und Gerechtigkeit ist nicht unbedingt dasselbe so wie Lobbyismus und Nachvollziehbarkeit nicht miteinander einhergehen“, kann er berichten. Ator kennt sogar den Grund für diese Schieflage: „Die Anwälte haben eben eine gute Lobby“. „Das ist das, was den Mediatoren fehlt“, erwidert Medi resigniert und nachdenklich zugleich. „Weil die sich nicht einig sind“, weiß Ator das von Medi beobachtete Phänomen lapidar zu begründen. „Du kannst Dir überlegen, ob sie nicht einig werden wollen oder ob sie nicht einig werden können!“, fügt er augenzwinkernd hinzu.
„Schau Dir das mal an!“. Medi hält Ator die widerliche Annonce mit zittrigen Händen vor die Nase.
Am liebsten würde sie sagen, dass sie es ganz und gar nicht will, wenn der vermeintliche Kollege ihr das Geschäft vermasselt. Sie hat Angst, von einem Markt verdrängt zu werden, von dem sie sich so viel verspricht und den sie sich so mühsam aufbauen muss. Am Anfang sah alles so leicht aus. Gerne würde sie mehr Mediationen durchführen. Die Vorstellung, den Menschen zu helfen, gibt ihr ein gutes Gefühl. Herr Laus raubt ihr dieses Gefühl, weil Medi befürchtet, ein Kunde könne die verlogene Sprache dieses unfähigen Titelhelden besser verstehen als Ihr doch wesentlich seriöseres Angebot.
Die Laus im Pelz ist ein echtes Dilemma. Natürlich muss Medi einen Konkurrenten akzeptieren. Aber nicht SO einen. Das inkompetente Auftreten würde durchaus ein Einschreiten rechtfertigen. „Wo hat der denn überhaupt Mediation gelernt?“, fragt Medi. „Titel hat er ja genug, der Herr MyMe Mediator. Hast Du überhaupt schon einmal von MyMe gehört?“. „Nein“ sagt Ator. Schnell stellt es sich heraus, dass MyMe die Kurzform von MerryMediation ist, die Mediation, die für Weihnachtsstreitigkeiten spezialisiert sein soll. Medi & Ator sind schockiert.
Es kann nur Einen geben
Angewidert schauen sie sich die Annonce an. „Guck mal wie kitschig der Weihnachtsbaum!“, raunen sie sich naserümpfend zu. Medi & Ator bemühen sogar das Internet, damit ihre destruktiven Gedanken ein Fundament finden. Da wird es schon etwas geben, was nicht stimmt, wissen beide. Ihre Vorgehensweise ist alles andere als mediativ. Aber darauf kommt es nicht an. Hier geht es nicht um sie. Es geht darum, die Mediation zu schützen! Der Auftritt von Herrn Laus lässt Zweifel aufkommen, dass er als Mediator qualifiziert ist. In dem Punkt sind sich die beiden ganz sicher. Die Annonce beweist doch, dass es bei MerryMed nicht mit rechten Dingen zugeht. „WIR sind es doch, die alles richtig machen“, stellt Medi fest. Ihre binäre Logik erzwingt geradezu die Schlussfolgerung, dass Herr Laus überhaupt keine Ahnung haben kann. Medi spürt die Erleichterung, die sich hinter dieser Feststellung verbirgt. Sie steht auf der richtigen Seite. Das wird ihr jetzt so richtig bewusst.
„Wir müssen der Welt klar machen, wie gefährlich die Weihnachtsmediationsterrorristen sind“, hebt Ator hervor. „Die Konfliktparteien müssen begreifen, dass sie nur dann ausreichend geschützt sind, wenn sie bei A-X-ion (das ist das Institut von Medi & Ator) lernen und dass sie nur Mediatoren engagieren, die nach unseren Qualitätsrichtlinien ausgebildet wurden!“. „Wow, das hört sich gut an!“, bestätigt Medi. Auch wenn die Qualität der Leistung an und für sich noch in keiner Weise geregelt ist, kann sie sich in dieser Vorstellung gut wiederfinden. Das ist für sie auch nicht egoistisch, geht es doch darum, die Weihnachtsmediation zu stärken und den Verbraucher zu schützen!
Von sich selbst und ihrem neuen sozialen Auftrag überzeugt, erläutert Medi: „UNSERE Weihnachtsmediation gibt es nun schon seit fünf Jahren. Jedes Jahr haben wir einen Fall erfolgreich abgewickelt. Wer kann das schon von sich sagen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Herr Laus überhaupt weiß, was er alles nicht weiß. Wo will er die Mediation für Weihnachten denn überhaupt gelernt haben? Weiß der eigentlich was Weihnachten ist? Was Mediation ist, weiß der ganz sicher nicht. Bei A-X-ion ist er auch nicht gelistet“. Es ist nicht klar, ob Medi sich, oder Ator überzeugen will. Aber darauf kommt es nicht an, denn Medi & Autor sind sich wieder einmal völlig einig. Konsequent entschließen sie sich, dem unfähigen Mitbewerber zuvorzukommen.
Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wie die A-X-ion Mediatoren Ihre Kompetenz nachweisen, wenn sich doch auch ein Herr Laus dieser Fähigkeiten rühmt. Ihre Inhalte wollen sie jedenfalls nicht preisgeben. Das könnte Fragen aufwerfen. Auch wollen sie der Konkurrenz nicht auf die Sprünge helfen. Denn die wissen sicher noch weniger. In dem Punkt sind sich Medi & Ator ganz sicher. Was bleibt also anderes übrig, als das so bezeichnete Gütesiegel des Gesetzgebers aufzugreifen und seine Verwendung zu kontrollieren? Wenn das Label erst anerkannt ist, schaut keiner mehr hin, was drin ist. Dafür genügt eine Mehrheit. Eine Mehrheit braucht auch keinen Konsens. Das macht es leichter. Ihre Vorgehensweise leiten Medi & Ator aus der Technik des Labelns ab. Darin erkennen sie auch einen ausreichenden Bezug zur Mediation. „Wie wäre es mit: zertifizierter Weihnachtsmediator?“, fragt Medi. „Hmmm zertifizierter Mediator ist gesetzlich geschützt, da kann es zu Verwechselungen kommen“, meldet Ator vorläufige Bedenken an. Auch Herr Laus hatte sich so genannt. Wenn Medi & Ator allerdings die Verwendung des Titels kontrollieren könnten ….
Die beiden begreifen schnell, dass es höchste Zeit ist, der Weihnachtsmediation endlich einen verbindlichen Rahmen zu geben, wenn sie nicht möchten, dass IHRE Mediation im Angebotssumpf versickert. Ein Konzept wird ihnen schon einfallen. Wichtiger ist es jetzt, den Zug als ihren Zug abfahren zu lassen. Medi & Ator wissen, dass man nicht mehr aufspringen kann, wenn der Zug erst einmal schnell genug fährt. Das ist durchaus in ihrem Sinne. Deshalb entschließen sie sich, den Zug TVWM zu nennen und den ersten TopVerband der WeihnachtsMediatoren zu gründen.
Der Verband der Weihnachtsmediatoren
„Es fühlt sich sehr wichtig an, so eine hohe Verantwortung zu tragen“, resümiert Medi. „Ja, wir Funktionäre haben es schwer“, bestätigt Ator seufzend. Die neue Rolle gefällt ihm allerdings sehr gut. Macht zu haben, ist ein tolles Gefühl. Man kann es umso ungenierter ausleben, je mehr es sich hinter einem altruistischen Motiv verbirgt.
Wie eine solche Haltung zu einem Mediator passt? Wer will das wissen? Zu Medi gewandt sagt Ator: „Was tun wir nicht alles, um die Weihnachtsmediation zu stärken?“. Medi runzelt die Stirn. Es sah so aus, als würde sie über etwas nachdenken. „Was soll an der Kontraktion Weihnachten, schützen und stärken schon falsch sein?“, überlegt sie. „Wir alle wollen doch, dass Weihnachten das Fest der Liebe bleibt. Ist es dann nicht stimmig, wenn wir Weihnachtsterroristen, wie den Herrn Laus, daran hindern, die Weihnachtsmediation zu missbrauchen? Wer außer uns kennt schon die Haltung, mit der die streitenden Parteien in den Weihnachtsfrieden zu führen sind? WIR haben die Ausbildungsstandards geprägt. Die müssen wir jetzt nur noch als allgemeinverbindlich festlegen“.
„Gut“, sagt Ator, „dann lass uns mal überlegen, wie wir das anstellen. Wir müssen Posten besetzen …“. Medi unterbricht: „Wäre es nicht besser, wenn Posten und Personen gemeinsam gesucht werden?“. Ators eindringlicher Blick beantwortet den unbedachten Einwand, ohne dass es der Worte bedarf. Also überlegen sie sich, wer welchen Posten bekommt. Das sind in erster Linie strategische Überlegungen. Da gibt es den Frühstücksdirektor, den Stabsoffizier, den Schatzmeister, den Sekretär und natürlich den Chef vom Ganzen – hier hat man sich überlegt, dass dies die wichtigste Funktion sei, weshalb sie mit zwei, nämlich Medi & Ator, besetzt sein muss, wenn Mediation hinten herauskommen soll. Dann gibt es Posten, die zur persönlichen Wichtigkeit beitragen und Gallionsfiguren. Weiterhin gibt es Gremien, die ein Korrektiv bilden können, falls die Mitglieder nicht richtig funktionieren. Bei der Besetzung fällt Medi auf: „Die meisten sind gar keine Mediatoren …“. Vorsorglich verfolgt sie den Gedanken nicht weiter. Sie weiß was Ator dazu sagen würde.
Die neue Welt mutet zwar nicht mediativ, dafür aber demokratisch an. Das oligarchische Konstrukt aus Hierarchie, Regeln und Kontrollen wirkt wie der Mikrokosmos unserer Gesellschaft. Die Macht wird nicht nur auf die Stifter konzentriert. Sie wird auch altruistisch in Szene gesetzt, so dass sie eine Mehrheit findet, in der sich die politische und exekutive Macht vereint. Medi & Ator gestalten ihre Mehrheit gerade, indem sie die Hürden zum Ein- oder Aussteigen in ihre neue Welt konzipieren. Die Freunde sind dabei, Herr Laus aber nicht. „Laus sorgt für die Enttäuschung und wir retten die Mediation“, sagt Medi mit dem hämischen Lachen und der Euphorie ihrer Überlegenheit. Ein Verdacht, dass sich in diesem Konstrukt der Geist der Mediation nicht widerfinden könnte, kommt ihr in dieser Stimmung nicht in den Sinn. Im Gegenteil, denn sowohl Medi wie auch Ator fühlen sich vom Gesetzgeber persönlich beauftragt, weil der … Das gehört jetzt nicht hier hin.
Medi würde das neue Funktionärsgefühl gerne genießen. Aber irgendetwas löst in ihr ein Unbehagen aus. Sie versucht mit Ator darüber zu sprechen. „Die Gedanken sind schön, sie fühlen sich aber nicht mediativ an“, gibt sie vorsichtig zu bedenken. „Hier geht es nicht um Mediation“, würgt Ator ihre Unsicherheit erwartungsgemäß ab. „Geht es nicht?“, will sich Medi vergewissern. „Hier geht es um Politik und Demokratie!!!, um Recht und Gerechtigkeit!!!, um Qualität!!! Es geht darum, die Weihnachtsmediation zu stärken!!!!!“, Ator scheint zu glauben, dass die Mediation schwach sei und über leere Worte herbeigerufen werden könne, weil er es ist, der den Ton angibt. Medi spürt, wie er in seinem Element ist. Sie selbst ist gar nicht begeistert. Ator lässt ihr aber keine Zeit zum Nachdenken. Und dass Herr Laus in ihre Welt nicht hineinpasst, darüber besteht Einigkeit. Also unterstützt sie den Plan, schon mit dem ersten TVWM Kongress die offizielle Einführung der nach dem A-X-ion Vorbild zertifizierten Weihnachtsmediatoren zu verkünden. Der Kongress soll bereits am 4. Advent stattfinden. Medi & Ator sind sich bewusst, dass der Termin sehr kurzfristig ist. Aber sie wollen einen Zug ins Rollen bringen. Zeit zum Nachdenken wäre kontraproduktiv.
Der TVWM Kongress
Um die Bedeutung des Kongresses zu unterstreichen, hatten Medi & Ator die ganze politische Prominenz eingeladen. Erschienen sind Kardinal Wichtig, der Leiter des Weihnachtskuratoriums, Prof. Dr. Schlau, die Professorin für Kirchenrecht, Dr. Halo, der Vorsitzende der Weihnachtshochschule, Dr. Schlaf, der Leiter der Krippenspiele, Dr. Süß, die Vorsitzende des Süßwarenverbandes, Herr Ruprecht, der Weihnachtssachverständige und, und, und. Sogar Frau Heilig vom Weihnachtsministerium ist anwesend. Alle Funktionsträger, auf die man gegebenenfalls einmal zurückgreifen muss, sind dabei. Ein großer Erfolg! Herr Laus? Nein, den hat niemand eingeladen, wozu auch?
Zufällig unterhält sich Medi während des Buffets außerordentlich inspirierend mit einem gutaussehenden, sehr vitalen Herrn im mittleren Alter. Ator bemerkt, wie eng die beiden zusammenstehen. Soll er sich etwas dabei denken? Wie er später erfährt, geht es um Fachthemen: die Streitbarkeit an Weihnachten; die Frage, wie sich Streit vermeiden lässt; was zu tun ist, wenn eine Mediation nicht in Frage kommt; wie die Symbolhaftigkeit von Weihnachten als dem Fest der Freude der Mediation helfen kann; wie sich Freude und Verstehen zueinander verhalten; … Medi ist nicht nur von dem Gespräch, sondern auch von der Sachkunde dieses kompetenten Herrn derart angetan, dass sie versucht, ihn zur Mitgliedschaft beim TVWM zu überreden. Sie bittet ihn sogar, einen Workshop über die Weihnachtsmediation zu halten.
„Woher wissen Sie das alles?“, fragt sie ihn erstaunt. „Mein Name ist Niko Laus. Das besagt glaube ich alles“. Es war weniger was er gesagt hat, als die Art wie er es gesagt hat. Medi ist tief beeindruckt. Gleichzeitig ist sie schockiert über sich selbst, weil sie als Weihnachtsmediatorin St. Nikolaus nicht erkannt hat. Ungläubig fragt sie ihr wohlwollendes Gegenüber: „Wir hatten doch schon mal eine Mediation mit dem Weihnachtsmann. Sie sehen dem gar nicht ähnlich. Wo sind der weiße Bart und der rote Mantel?“. Herr Laus erkennt, wie wenig Medi von der Weihnachtsgeschichte weiß. Die Frage: „Und dann behauptest Du, eine Weihnachtsmediatorin zu sein?“, muss Herr Laus nicht einmal unterdrücken. Ebenso wie der Vorwurf: „Schau mal, die Weihnachtsmediatorenmafia. Sie kennt weder Mediation noch Weihnachten“. Solche Gedanken kommen einem echten Nikolaus gar nicht erst in den Sinn. „Es gibt durchaus einen Unterschied“, antwortet der freundliche Herr stattdessen: „Der Nikolaus geht auf den gleichnamigen Bischof aus Myrna zurück, während der Weihnachtsmann die amerikanische Werbefassung ist. Sagen wir einfach, ich bin die moderne Zusammenfassung“. Medi lässt nicht locker. Sie ist allerdings etwas vorsichtiger geworden. Vom Weihnachtsterrorist ist keine Rede mehr. Statt ihrem Gegenüber lauthals vorzuwerfen, dass er doch kein Mediator sein könne, versucht sie es mit einer diplomatischen Frage: „Wenn Sie doch selbst der Nikolaus sind, was bezwecken Sie dann mit MerryMed?“.
„MerryMed ist Ihre Nagelprobe“, sagt Nikolaus. „MerryMed zeigt uns, ob die Menschen reif sind für die Mediation. Ihre Reaktion verdeutlicht, ob und wie sie die Weihnachtsmediation verinnerlicht haben. Das Handeln ist ihre Botschaft. Es zeigt Ihre Bereitschaft und Fähigkeit, weihnachtliche Freude zu teilen und mediatives Verstehen zu vermitteln“. „Freude teilen, Verstehen vermitteln“, wiederholt Medi. Sie hat einen leicht spöttischen Unterton: „Das sind schöne Worte. Ihre Worte schützen weder den Menschen noch stärken sie die Mediation. Unser Verband hat sich die Aufgabe gesetzt, Regeln für die Mediatorenauswahl vorzugeben, um Wildwuchs zu verhindern“. Nikolaus erwidert in seiner ruhigen Art: „Es sind nicht die Worte, es sind die Gedanken, die etwas ausrichten. Sie behaupten, die Mediation zu stärken. Bitte prüfen Sie, ob Ihr Weg geeignet ist, Freude und Verstehen zu vermitteln?“. „Aber der Gesetzgeber hat es doch versäumt ….“, versucht Medi sich zu rechtfertigen. Dr. Laus lässt sie nicht ausreden. „Da mag es Irritationen geben“, erwidert er. „Sehen Sie darin eine weitere Nagelprobe. Hat der Gesetzgeber den Mediatoren nicht die Freiheit für einen neuen, mediativen Umgang gegeben? Darin liegt die eigentliche Chance für die Mediation. Hier findet sich der Ausdruck dessen, was wirklich gewollt ist. Sind Sie sicher, diese Chance nicht zu verpassen?“.
„Was schlagen Sie also vor?“, will Medi jetzt wissen. „Es ist nicht meine Aufgabe, Vorschläge zu unterbreiten“, antwortet Nikolaus. „Ich höre was die Weihnachtsgeister sagen und was der Geist der Mediation zu sagen hat. Hören Sie das nicht?“.
Nikolaus bemerkt Medis verstörten Blick. Deshalb fügt er an: „Ich würde mir wünschen, dass Sie es hören. Nicht, dass Ihnen die Geister am Ende begegnen wie Ebenezer Scrooge“. „Wir sind auf einer Verbandsversammlung, nicht auf einer Geisterparty“, denkt Medi. Nur um sich nicht noch weiter zu blamieren, fragt sie ohne zu antworten: „Was sagen die Geister?“. „Eine geschickte Frage“, lobt Nikolaus. „Sie helfen Verstehen. Die Weihnachtsgeister sind die vergangene, die gegenwärtige und die zukünftige Weihnacht. Sie zeigen uns, dass wir entgegen aller Not nichts ändern, außer den Worten. Sie zeigen uns, was geschieht, wenn sich nichts ändert. Der Geist der Mediation verkörpert ihr Wesen. Es ist der Geist des anderen Denkens. Er sagt uns, was wir verstehen müssen, wenn wir der Not gehorchen und was wir ändern müssen, wenn wir etwas ändern wollen“. „Ich glaube, ich verstehe was Sie meinen“, räumt Medi ein. „Aber wenn wir uns nicht gegen die Unwissenden durchsetzen, dann gehen wir doch unter“, antwortet sie nachdenklich, „… und mit uns die Mediation“.
„Kann Freude untergehen?“, fragt Nikolaus. Er beantwortet die Frage selbst: „Wohl kaum. Sie mag unterdrückt werden. Sie kann sich verstecken, um sich zu schützen. Das gleiche gilt für das Verstehen. Verstehen wird niemals unmöglich, es bleibt allenfalls unverstanden. Auch das Verstehen ist wie die Freude ein Schatz, den es zu heben gilt“.
„Alles schön und gut“, sagt Medi. „Aber was hat das mit UNS zu tun?“. „Urteilen Sie selbst“, schlägt Nikolaus vor. „Versuchen Sie die Schätze zu bergen. Sie werden sie finden, wenn sie beobachten, wie Mediatoren mit sich, miteinander und mit ihren Problemen umgehen. Suchen Sie dort nach der Mediation, aber finden Sie die Schätze in sich“. „Wie soll ich das machen?“ fragt Medi. „Was würden Sie als Mediator tun?“, gibt Nikolaus zurück, um die Frage selbst zu beantworten: „Sie denken im Prozess. Messen Sie also die Gründung des TVWM am Wesen der Mediation. Was würden Sie erkennen, wenn Sie den Vorgang daran ausrichten? Ihnen würde bewusst, dass Sie sich in der Phase zwei wiederfinden, wo es um … hmm, sagen wir mal, wo es um die Implementierung der Mediation geht. Sicher ist das nicht. Es könnte genauso gut um ihre Vernichtung gehen. Auch dafür gibt es Indikationen. Sie erkennen, dass Standpunkte aufgebaut werden, die mit Argumenten gerechtfertigt sein sollen. Statt einem verstehenden Einverständnis, erzeugen sie Gegenstandpunkte. Sie erkennen, dass es vielschichtige Interessen und verborgene Motive gibt, von denen die Argumente ablenken. Sie sehen, wie darüber Streit entsteht. Der Geist der Mediation bedeutet Ihnen, dass der Streit verdeckt wird und keinesfalls die Fragen berührt, um die es eigentlich geht. Er sagt Ihnen, dass der gewählte Rahmen einem Konsens eher im Wege steht als ihn zu ermöglichen und er hinterfragt, was das für die Zielsetzung bedeutet. Er würde darauf hinwirken, dass alle, die von einer Regelung betroffen sein könnten, Gelegenheit zur Teilnahme finden und an der Suche nach einem Konsens mitwirken. Dann würde der Geist der Mediation die zweite Phase vervollständigen wollen, indem er darauf drängt, den Gegenstand der Suche genau zu beschreiben und das zu lösende Problem zu benennen. Er würde darauf hindeuten, dass die Motive für eine Lösung nicht bekannt sind, weshalb es zu früh sei, um nach einer Lösung zu suchen. Er würde die Phase drei einfordern, um erst einmal die Kriterien für eine Lösung zu erarbeiten, in der sich auch die Mediation wiederfindet. Wenn es um ihre Implementierung geht, wird er den Zweck hinterfragen und sich erkundigen, was sie bewirken soll. Wenn es um die Qualität der Mediation geht, wird er die Merkmale einer gelingenden Mediation festlegen und wenn es um die Ausbildung geht, wird er die darauf bezogenen Kompetenzen herausstellen. All das würde er wissen wollen, bevor er auch nur daran denkt, Regelungen aufzustellen. Wenn Sie dem Geist der Mediation folgen, müssen Sie die Mediation nicht Implementieren, weil sie dann schon existiert“.
„Das klingt ja alles ganz schön. Ich räume auch ein, dass viele dieser Fragen noch gar nicht gestellt wurden. Ich könnte sie auch nicht beantworten, wenn sie gestellt wären. Aber Pech, wir befinden uns nicht in einer Mediation. Es wurde keine vereinbart!“, erwidert Medi. „Pech für wen?“ fragt Nikolaus. „Ist Pech das Alibi, um auf Verstehen und eine Verstehensvermittlung zu verzichten? Der Kunde wird letztlich entscheiden, was er den Mediatoren zutraut. Ihre Reaktionen machen es ihm erkenntlich“. „Unsere Reaktionen?“, fragt Medi. „Ja, Sie hatten kein mediatives Vorgehen im Sinn. Sie haben die Weihnachtsmediatorenmafia gerufen, um ihr Problem zu lösen“, antwortet Nikolaus. „Vom Kunden erwarten Sie, dass er sich anders entscheidet. Warum sollte er, bei dem Vorbild? Sie entscheiden, welchen Geist Sie rufen. Die zukünftige Weihnacht muss nicht dasselbe in anderen Worten sein, das nichts ändert. Sie kann auch ‚anders Denken’ heißen. Der Geist der Mediation sagt, wie es geht. Wenn die Mediation anders ist, dann ist die Wiederholung desselben eine Entscheidung gegen die Mediation“.
Niemand hat bemerkt, dass Ator zu dem Gespräch hinzugekommen war. Er hatte aufmerksam zugehört. Er ist still und wirkt nachdenklich. Als Nikolaus an Medi gerichtet fragt: „Was haben SIE davon, wenn es Freude und Verstehen gibt in der Welt?“, antwortet Ator anstelle von Medi: „Dann fühle ich mich zu Hause“. Medi schaut ihn erstaunt an. Der Gedanke fühlt sich aber auch für sie so gut an, dass sie sofort zustimmen kann: „Ich auch“.
Nach einer kurzen Pause sagt Nikolaus eindringlich: „Dann wissen Sie, was Ihnen die Mediation wert ist“. Es wird spürbar, wie es bei Medi & Ator Klick macht, so dass Nikolaus nur noch ergänzen muss: „Ich sehe, Sie erkennen jetzt den Weg. Dann müssen Sie nur noch lernen, ihm zu vertrauen“. Kaum gesagt, löst sich Nikolaus in Luft auf. Die Bemerkung „Das geschieht durch Übung“, verschwamm leider ebenso wie die Erscheinung.
Während Medi & Ator am nächsten Morgen beim Frühstück sitzen und den Abend zuvor Revue passieren lassen, sind sie noch immer sehr nachdenklich. Sie hatten ein gutes Gefühl, weil sie auf der TVWM nur noch den Beschluss gefasst haben, zu versuchen, ein Vorbild für die Mediation zu sein und dass sie gemeinsam mit allen die davon betroffen sind überlegen wollen, wie das TVWM ein Forum für gelebte Mediation werden kann, wo sich alle Mediatoren austauschen und darüber nachdenken, wie sich die Mediation auch im Alltag verwirklichen lässt, wo man sich und die Kunden informiert, so dass sie alle Kriterien kennen, die ihnen bei der Suche nach einem Mediator helfen. Medi & Ator haben verstanden, dass die Mediation selbst der Maßstab ist, an dem sie Ihr Tun zu messen haben. Sie haben verstanden, dass sich der Geist der Mediation nicht in Parolen und Regeln, sondern nur dann verbreitet, wenn er Vorbilder findet. Zufällig gerät ihr Blick auf die Annonce, die noch auf dem Tisch liegt. Irgendwie sieht die jetzt ganz anders aus
Medi nahm Ators Hand und sagte leise: „Ich wünsche uns Freude am Verstehen. Ich wünsche es nur so, ohne einen Hintergedanken“. Ator versteht sehr genau was Medi sagen will. Er erwidert ihren Wunsch: „Das wünsche ich uns auch. Ich habe verstanden, dass alles andere daraus entsteht“. Medi & Ator wissen jetzt, was zu tun ist, damit die Weihnachtsmediation gedeiht. „Es ist noch ein langer Weg bis wir gute Mediatoren sind“, sagt Medi. Ator stimmt ihr wehmütig zu: „Damit sind wir fürs Erste einmal beschäftigt“.
Wieder einmal haben Medi & Ator der Mediation einen Dienst erwiesen, wenn auch ganz anders als erwartet, dafür aber umso intensiver.
Über Medi & Ator
Profis haben es längst bemerkt. Medi & Ator machen auf dem Weg ihrer Läuterung so ziemlich alles falsch was Mediatoren falsch machen können. Sie sind aber bereit zu lernen. Medi & Ator wurden erstmals Weihnachten 2012 von Arthur Trossen aufgesucht, der sich diese Geschichten nicht nur als Trainingsmaterial ausgedacht hat, sondern auch als Geschenk an die Mitglieder des Verbandes integrierte Mediation e.V. Medi & Ator sind längst in die Herzen der Leser eingedrungen. Es gab viele Zuschriften, die Geschichte fortzuführen, ja sogar einen Roman daraus zu entwickeln. Weil man die Erfahrungen gerne teilen möchte, berichten Medi & Ator heute schon über ihr fünftes Abenteuer als Weihnachtsmediatoren.
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